Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz gem § 2 Abs 1 Nr 14 SGB 7. Meldepflichtiger gem § 309 Abs 1 S 1 SGB 3. Aufforderung der Agentur für Arbeit. Bewerbung. Vorstellungsgespräch. potentieller Arbeitgeber. schriftliche Rückmeldung
Leitsatz (amtlich)
Fordert die Agentur für Arbeit einen Arbeitslosen auf, sich mit einem potentiellen Arbeitsgeber schriftlich oder per Email in Verbindung zu setzen, besteht Unfallversicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Nr 14 SGB 7 auch bei einem unmittelbar darauf folgenden Vorstellungsgespräch.
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 30. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2014 wird aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass es sich bei dem Ereignis vom 14. Mai 2012 um einen Arbeitsunfall handelt.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Arbeitsunfalles.
Der am ... 1971 geborene Kläger war arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld I. Mit Schreiben vom 8. Mai 2012 übermittelte ihm die Agentur für Arbeit F. einen Vermittlungsvorschlag eines Arbeitsplatzes als Bauhelfer bei der Firma S.. In dem Schreiben ist vermerkt: “Bewerben Sie sich bitte umgehend schriftlich oder per E-Mail mit folgenden Anlagen: Lebenslauf, Zeugnisse. Der Ansprechpartner ist Herr T..„ Dem Schreiben ist ein Antwortformular beigefügt in dem der Kläger anzugeben hatte, ob er sich “beworben/vorgestellt„ habe und ob er eingestellt bzw. nicht eingestellt (und die Gründe hierzu) worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Aktenseite 60/61 der Verwaltungsakte Bezug genommen.
Am 14. Mai 2012 fuhr der Kläger von seiner Wohnung (W. Weg 13, F.) mit dem Fahrrad zur Firma S. zu einem Vorstellungsgespräch. Auf dem Rückweg stieß er mit einem PKW zusammen und zog sich unter anderem schwerste Hirnverletzungen zu. Mittlerweile ist er pflegebedürftig (Pflegestufe III) und lebt in einem Pflegeheim. Wegen der Einzelheiten des Weges wird auf die Ausdrücke aus dem Routenplaner auf Aktenseite 86 der Verwaltungsakte und Aktenseiten 27/28 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Die Agentur für Arbeit R. teilte auf Anfrage der Beklagten unter dem 1. Oktober 2012 mit, der Kläger sei am Unfalltag keiner Meldepflicht und auch keiner Weisung, Aufforderung, Bitte, Empfehlung oder einer ähnlichen Erklärung einer Dienststelle der Bundesagentur für Arbeit, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen, nachgekommen.
Mit Bescheid vom 30. September 2013 lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus Anlass des Ereignisses vom 14. Mai 2012 ab, da es sich um keinen Arbeitsunfall gehandelt habe. Der Kläger sei keiner an ihn im Einzelfall gerichteten Aufforderung einer Dienststelle der Bundesagentur für Arbeit gefolgt, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen, als er verunglückte.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, er sei mit der Wahrnehmung des Vorstellungsgesprächs einer Obliegenheit gegenüber der Agentur für Arbeit gefolgt. Auch gegenüber der Lebensgefährtin des Klägers (zugleich Betreuerin) habe die zuständige Sachbearbeiterin der Agentur für Arbeit nach dem Unfall erklärt, der Kläger habe sich bei der Firma S. vorstellen müssen.
Die Agentur für Arbeit F. erklärte gegenüber der Beklagten auf nochmalige Nachfrage, ihre Kunden seien immer aufgefordert, sich aktiv um eine Stelle zu bemühen. Hierzu erhielten sie zum einen passende Stellen, seien aber andererseits auch verpflichtet, sich selbständig umzuhören bzw. sich zu bewerben. Daher sei die Aussage der Lebensgefährtin des Klägers auch korrekt, der Kläger sollte sich bei der Firma S. vorstellen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und wiederholte dabei in der Begründung, es sei keine Einzelaufforderung ergangen, sich persönlich bei der Firma S. vorzustellen.
Der Kläger hat am 17. Juli 2014 Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, zum Unfallzeitpunkt bereits eine Stelle bei der Firma P. in R. konkret in Aussicht gehabt zu haben. Sein Interesse an dem Vermittlungsvorschlag der Agentur für Arbeit für eine Stelle bei der Firma S. sei daher verhalten gewesen, auch weil der Arbeitsantritt in die Zeit seines geplanten Heimaturlaubs gefallen wäre. Seine Lebensgefährtin habe den Vermittlungsvorschlag jedoch durchgelesen und seine Annahme bestätigt, dass er sich auf die Stelle bewerben müsse. Er habe daraufhin schriftlich Kontakt mit Herrn T. aufgenommen und das Vorstellungsgespräch verabredet. Als sich aus dieser Bewerbung ein Vorstellungsgespräch ergeben habe, sei er als verständiger Arbeitssuchender selbstverständlich davon ausgegangen, dass er verpflichtet sei, dieses wahrzunehmen, anderenfalls würde er gegen seine Mitwirkungspflichten verstoßen. Es entspräche auch nicht der Lebensrealität im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens, die Aufforderung zur schriftlichen Bewerbung vom Vorstellungsgespräch abzutrennen und zu unterstellen, dass die Agentur für A...