Rz. 7
Hierzu heißt es in der amtlichen Begründung in BT-Drs. 20/9046 S. 62:
Zitat
Wenn wirkstoffgleiche Präparate mit unterschiedlichen Handelsnamen von unterschiedlichen Leistungserbringern verschrieben worden sind, schwerwiegende unbeabsichtigte Arzneimittelwechselwirkungen naheliegen, oder ein Präparat über die regelmäßig erforderliche Anwendungsdauer hinaus eingenommen wird, drohen potenziell lebensbedrohliche Komplikationen. Während in den meisten Fällen die Arzneimitteltherapiesicherheit ohne Mitwirken der Krankenkassen gewährleistet werden kann, können von den Krankenkassen ausgesprochene Hinweise zum Aufsuchen eines Angebots eines Leistungserbringers insbesondere dann hilfreich sein, wenn der betroffene Versicherte längere Zeit keine ärztliche Beratung in Anspruch genommen hat oder von mehreren Ärzten beraten wird, die unwissend gegenüber den Beratungen und Therapien ihrer Kollegen sind, und die verschriebenen Rezepte in unterschiedlichen Apotheken eingelöst werden. Kein einzelner Leistungserbringer hätte in diesem Fall die Möglichkeit gehabt, den Versicherten adäquat beraten zu können; dabei nutzen die Versicherten ihre Wahlfreiheit nicht regelmäßig dafür, um eine sachgerechte Beratung durch die Leistungserbringer zu untergraben. Nur bei den Krankenkassen laufen derzeit automatisch alle Daten zusammen, um die oben geschilderten Gefährdungen zu erkennen.
Rz. 8
Ob die amtliche Begründung die Norm rechtfertigt, bleibt abzuwarten. Mit z. B. dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), dem Paul Ehrlich Institut, dem Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie, und nicht zuletzt der Apotheker- und Ärzteschaft existiert schon bislang ein großes Netz, an das sich Versicherte selbst und direkt mit etwaigen Fragen und Problemen wenden können. Den Nutzen dieser neuen automatisierten Datenauswertung zu bewerten, wird ein Thema der Evaluation sein. Es erschwert unabhängig davon auch die Anwendung, dass sie mit der Voraussetzung der "schwerwiegenden Gesundheitsgefährdung" dem SGB V einen weiteren unbestimmten Rechtsbegriff anfügt, der einen Beurteilungsspielraum eröffnet und bei der Auswertung jedenfalls medizinischen Sachverstand notwendig machen dürfte. Ein Orientierungsansatz bietet § 33 der Arzneimittelrichtlinie, der eine Krankheit als schwerwiegend definiert, wenn sie lebensbedrohlich ist oder aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt.