Rz. 8a
Um eine zeitnahe Umsetzung des Rechts auf Zweitmeinung zu sichern, war dem Gemeinsamen Bundesausschuss in Abs. 2 Satz 7 (vgl. Rz. 2a) für den erstmaligen Beschluss eine Frist bis zum 31.12.2015 gesetzt worden. Diese Frist hat der Gemeinsame Bundesausschuss nicht eingehalten. Das Bundesministerium für Gesundheit hat von seiner Kompetenz nach § 94 Abs. 1 Satz 5 keinen Gebrauch gemacht.
Rz. 8b
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat erst mit Beschlüssen vom 21.9.2017 und 18.10.2018 erste Festlegungen zu strukturierten Zweitmeinungsverfahren in der Richtlinie über die Konkretisierung des Anspruchs auf eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung gemäß § 27b Abs. 2 SGB V (Richtlinie zum Zweitmeinungsverfahren, Zm-RL) getroffen. Im Allgemeinen Teil der Richtlinie werden u. a. die Ziele beschrieben, Begriff und Leistungsumfang der Zweitmeinung definiert, die Eingriffe mit Anspruch auf eine Zweitmeinung bestimmt, die Aufgaben der indikationsstellenden Ärztin/des indikationsstellenden Arztes festgelegt, die Anforderung an die Zweitmeiner und deren Aufgaben sowie Informationspflichten, Berichterstattung und Evaluation konkretisiert. Der Besondere Teil hatte zunächst lediglich zwei konkrete Bestimmungen für planbare Eingriffe hinsichtlich Mandeloperationen (Nr. 1) und Gebärmutterentfernungen (Nr. 2) festgelegt. Mittlerweile sind folgende weitere Eingriffe bestimmt worden:
Nr. 3: Arthroskopische Eingriffe an der Schulter,
Nr. 4: Amputation beim diabetischen Fußsyndrom,
Nr. 5: Implantation einer Knieendoprothese,
Nr. 6: Eingriffe an der Wirbelsäule,
Nr. 7: Kathetergestützte elektrophysiologische Untersuchungen und Ablationen am Herzen,
Nr. 8: Implantation eines Herzschrittmachers, eines Defibrillators oder eines CRT-Aggregats,
Nr. 9: Cholezystektomie,
Nr. 10: Hüftgelenkersatz und
Nr. 11: Eingriffe an Aortenaneyrismen (Nr. 10 und 11 zum 1.7.2024).
Rz. 8c
Der Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses v. 21.9.2017 ist vom Bundesministerium für Gesundheit insoweit gemäß § 94 Abs. 1 beanstandet worden, als in § 3 Abs. 2 und § 8 Abs. 6 Satz 2 Zm-RL über die Regelung in § 27b Abs. 2 hinaus die Erbringung einer Zweitmeinung neben der eigenständigen Bewertung und Beratung des Versicherten auch ärztliche Untersuchungsleistungen umfassen sollte, sofern sie zur Befunderhebung und Überprüfung der Indikationsstellung zu dem vorgesehenen Eingriff medizinisch erforderlich seien. Im Hinblick darauf hat der Gemeinsame Bundesausschuss die Richtlinie mit Beschluss v. 18.10.2018 angepasst. Die Richtlinie ist nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger (BAnz AT 7.12.2018 B4) am 8.12.2018 in Kraft getreten. Zur aktuellen Fassung vgl. die Veröffentlichung im Internet unter https://www.g-ba.de/downloads/62-492-3477/Zm-RL_2023-11-16_iK_2024-07-01.pdf sowie bzgl. des Hüftgelenkersatzes https://www.g-ba.de/beschluesse/6295/.