0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) v. 14.11.2003 (BGBl I S. 2190) mit Wirkung zum 1.1.2004 eingefügt. Bis zum 31.12.2011 wurden die Bildung eines Beirates bei der Arbeitsgemeinschaft für Aufgaben der Datentransparenz und dessen Zusammensetzung geregelt.
Rz. 2
Das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz – GKV-VStG) v. 22.12.2011 (BGBl. I S. 2983) hat die Vorschrift mit Wirkung zum 1.1.2012 neu gefasst. Der einzige Absatz regelte die Datenübermittlung durch das Bundesversicherungsamt an die Datenaufbereitungsstelle und die Vertrauensstelle.
Rz. 3
Das Gesetz zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz – GKV-FQWG) v. 21.7.2014 (BGBl. I S. 1133) hat mit Wirkung zum 1.8.2014 die Abs. 2 bis 4 angefügt. Damit wird die Datenlage für die Versorgungsforschung weiter verbessert und die nutzbaren Daten beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) um ein Regionalkennzeichen ergänzt.
Rz. 4
Das Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation (Digitale-Versorgung-Gesetz – DVG) v. 9.12.2019 (BGBl. I S. 2562) hat mit Wirkung zum 19.12.2019 jeden Absatz geändert. Die Krankenkassen liefern die Daten an den Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) in pseudonymisierter Form.
1 Allgemeines
Rz. 5
Die Daten der Krankenkassen werden für die Zwecke der Datentransparenz in pseudonymisierter Form (Lieferpseudonym) an den GKV-Spitzenverband geliefert.
Rz. 5a
§§ 303a ff. etablieren ein neues Datentransparenzverfahren, in dem die in § 303b Abs. 1 Satz 1 genannten Daten der gesetzlich Versicherten (u. a. Alter, Geschlecht, Wohnort und bestimmte Gesundheitsdaten) an den GKV-Spitzenverband als Datensammelstelle übermittelt und von diesem anschließend an ein Forschungsdatenzentrum weitergegeben werden. Dieser Vorgang wird von einem Pseudonymisierungsverfahren begleitet, das maßgeblich durch eine Vertrauensstelle durchgeführt wird. Dabei soll gewährleistet sein, dass die Pseudonyme kassenübergreifend eindeutig einem bestimmten Versicherten zugeordnet werden können, um basierend auf diesen Zuordnungen beispielsweise medizinische Langzeitstudien oder Längsschnittanalysen durchführen zu können. Das Forschungsdatenzentrum wird beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) aufgebaut, die Vertrauensstelle beim Robert Koch-Institut (RKI; Stand: 18.8.2021). Zu Fragen der Verfassungsmäßigkeit vgl. § 68a Rz. 8b.
Rz. 5b
Die Neuregelungen zur Nutzung von Daten gesetzlich Krankenversicherter in pseudonymisierter oder anonymisierter Form im Hinblick auf digitale Innovationen und für weitere Zwecke, u. a. zur medizinischen Forschung, bleiben vorläufig in Kraft (BVerfG, Ablehnung einstweilige Anordnung v. 19.3.2020, 1 BvQ 1/20). Eine in der Hauptsache ggf. noch zu erhebende Verfassungsbeschwerde gegen §§ 68a Abs. 5, 303a bis 303f wäre insbesondere nicht offensichtlich unbegründet.
2 Rechtspraxis
2.1 Datenübermittlung an den GKV-Spitzenverband (Abs. 1)
Rz. 6
Die Krankenkassen sind berechtigt und verpflichtet, dem GKV-Spitzenverband für die in § 303e Abs. 2 genannten Zwecke die erforderlichen Daten zu übermitteln (Satz 1). Der GKV-Spitzenverband hat in diesem Zusammenhang die Funktion einer Datensammelstelle. Die Daten werden in pseudonymisierter Form angeliefert (versichertenbezogenes Lieferpseudonym). Das versichertenbezogene Lieferpseudonym ermöglicht eine krankenkassenübergreifende eindeutige Identifikation des Versicherten innerhalb eines Berichtszeitraum (BT-Drs. 19/14867 S. 101). Damit der GKV-Spitzenverband die Daten auf Vollständigkeit, Plausibilität und Konsistenz prüfen kann, muss dem Versicherten unabhängig von seiner Kassenzugehörigkeit für einen Berichtszeitraum jeweils dasselbe Pseudonym zugeordnet werden. Die Versicherten haben nicht die Möglichkeit, der Datenübermittlung zu widersprechen.
Rz. 7
Zu übermitteln sind
- Angaben zu Alter, Geschlecht und Wohnort,
- Angaben zum Versicherungsverhältnis,
- die Kosten- und Leistungsdaten nach den §§ 295, 295a, 300, 301, 301a und 302
- Angaben zum Vitalstatus und zum Sterbedatum und
- Angaben zu den abrechnenden Leistungserbringern.
Die Angaben zum Wohnort sollten so ausgestaltet werden, dass insbesondere in Großstadtgemeinden und Flächenkreisen eine Zuordnung zu Lebens- und Sozialräumen möglich ist (BT-Drs. 19/13438 S. 72). Die Daten umfassen auch die derzeit für den Risikostrukturausgleich erhobenen Daten und für Zwecke der Datentransparenz übermittelten Daten. Die konkrete Festlegung der zu übermittelnden und zu verarbeitenden Daten erfolgt in der Datentransparenzverordnung (Datentransparenzverordnung v. 10.9.2012, BGBl. I S. 1895, geändert durch Art. 57 Abs. 29 des Gesetzes zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts v. 12.12.2019, BGBl. I S. 2652).
Rz. 7a
Die Daten dienen dazu
- Steuerungsaufgaben durch die Kollektivvertrag...