Rz. 10
Das Forschungsdatenzentrum löscht die versichertenbezogenen Einzeldatensätze spätestens nach 100 Jahren. Grundsätzlich sind die Einzelangaben nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EU) 2016/679 zu löschen, wenn sie für die Erfüllung der Aufgaben des Forschungsdatenzentrums nicht mehr erforderlich sind.
Rz. 11
Eine Beschränkung der Datenverarbeitung auf 30 Jahre würde eine Verarbeitung zu Forschungszwecken unmöglich machen bzw. ernsthaft beeinträchtigen (BT-Drs. 20/9046 S. 71 f.). Die Höchstfrist von 30 Jahren für die Aufbewahrung der Einzeldatensätze im Forschungsdatenzentrum wird daher in 100 Jahre geändert. Im Forschungsdatenzentrum soll die Forschung zu Fragestellungen anhand von Längsschnittdaten ermöglicht werden. Für diverse Forschungsfragen ist dabei entscheidend, Daten über einen sehr langen Zeitraum hinweg beforschen zu können. Bei der Untersuchung von sehr langfristigen Auswirkungen bestimmter Erkrankungen ist es notwendig, auch auf Daten aus einem Zeitraum von mehr als 30 Jahren zugreifen zu können, z. B. bei der Exposition gegenüber Umweltfaktoren, einschließlich krebserregenden und/oder fruchtschädigenden Substanzen. Hier können zwischen Exposition und somatischen Folgen mehrere Dekaden liegen. Für sinnvolle wissenschaftliche Längsschnittanalysen werden daher lebenslange Daten benötigt. Ohne die Möglichkeit einer lebenslangen Untersuchung kann der von der Weltgesundheitsorganisation geforderte lebensbegleitende Gesundheitsansatz ("life course approach") nicht hinreichend erfüllt werden. Ein lebensbegleitender Gesundheitsansatz zielt darauf ab, das Wohlergehen der Menschen in jedem Alter zu gewährleisten, indem auf die Bedürfnisse der Menschen eingegangen, der Zugang zu Gesundheitsdiensten sichergestellt und das Menschenrecht auf Gesundheit während des gesamten Lebens gewährleistet wird. Dies kann nur auf einer fundierten Datenlage erfolgen, die auch eine pseudonymisierte longitudinale Erfassung von Gesundheitsrisiken in allen Altersgruppen ermöglicht. Andernfalls besteht das Risiko, dass gesundheitliche Auswirkungen mit einer Latenz von mehr als 30 Jahren nicht untersucht werden können und so potenzielle Risiken bei der Entstehung von insbesondere Krebserkrankungen oder anderen schwerwiegenden chronischen Erkrankungen, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder weiteren Erkrankungen mit progredientem Verlauf, wie z. B. der Multiplen Sklerose, nicht oder nur unzureichend erfasst und untersucht werden können. Zudem müssen auch Erkrankungen, die sich erst spät im Alter manifestieren, aber möglicherweise auf Faktoren im Laufe des gesamten Lebens zurückzuführen sind, untersucht werden können. Als Beispiel wären hier Erkrankungen aus dem Demenzspektrum zu nennen, die heute noch unzureichend erforscht sind. Die Änderung der Frist erfolgt im Einklang mit Art. 17 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.4.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung; ABl. L 119 v. 4.5.2016, S. 1; L 314 v. 22.11.2016, S. 72; L 127 v, 23.5.2018, S. 2).