Rz. 24

Sobald der Krankenkasse durch ärztliche Gutachten gesicherte Hinweise über eine Minderung oder erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit vorliegen, kann die Krankenkasse dem Versicherten eine Frist von 10 Wochen setzen, innerhalb der er einen Antrag auf Leistungen zur Rehabilitation bzw. auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu stellen hat. Wird dieser Antrag innerhalb der Frist z. B. nicht beim zuständigen Rentenversicherungsträger, sondern bei der Krankenkasse oder einem anderen Sozialleistungsträger gestellt, gilt der Antrag dennoch als fristgerecht gestellt (§ 16 Abs. 2 SGB I).

In der Praxis wird überwiegend das persönliche Gespräch gesucht, um dem Versicherten in einem umfassenden Gespräch die Notwendigkeit einer solchen Maßnahme aufzuzeigen und ihn zur Stellung des Rehabilitationsantrags aufzufordern. Dieses Gespräch muss im Form eines Beratungsgesprächs alle Aspekte beinhalten, die für den Versicherten von Bedeutung sein können, so. z. B.:

  • Rechtlicher Rahmen und Grund der beabsichtigten Aufforderung,
  • Konsequenzen bei Stellung eines Rehabilitationsantrags einschließlich eingeschränktes Dispositionsrecht,
  • Rechtsfolgen eines unterlassenen oder verspätet gestellten Antrags.

Wenn der Krankenkassenmitarbeiter mit dem Versicherten in einem persönlichen Gespräch die Stellung eines Antrags auf Leistungen zur Rehabilitation/Teilhabe am Arbeitsleben vereinbart hat, sollte er dieses in geeigneter Form festhalten (z.B. Aktennotiz mit formloser schriftlicher Bestätigung des Versicherten). Mängel in der Wahrnehmung der Beratungspflicht begründen einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch des Versicherten.

Mit dem Tag nach der Bekanntgabe der Aufforderung (Gespräch, in dem die Aufforderung erfolgt) beginnt die 10-Wochen-Frist, sofern nicht etwas anderes vereinbart wurde (§ 39 SGB X).

 

Rz. 25

Der eigentliche Verwaltungsakt – nämlich die Aufforderung zur Stellung eines Antrags auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bzw. zur Teilhabe am Arbeitsleben – kann auch schriftlich erfolgen. Diese schriftliche Aufforderung wird in der Praxis dann gewählt, wenn kein persönliches Gespräch zwischen dem Versicherten und der Krankenkasse stattfinden konnte. Der Aufforderungsbescheid muss die Gesichtspunkte nennen, von denen die Krankenkasse bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist und die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe beinhalten, welche die Krankenkasse zu ihrer Entscheidung bewogen haben.

Der schriftlichen Mitteilung der Aufforderung zur Stellung eines Antrags auf Leistungen der Rehabilitation liegt ein Verwaltungsakt (vgl. § 31 SGB X) zugrunde, der gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam wird, in dem er dem Adressaten bzw. Betroffenen bekannt gegeben wird (vgl. § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB X).

Bei einem durch die Post im Inland übermittelten Verwaltungsakt gilt dieser fiktiv am 3. Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Krankenkasse den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen (§ 37 Abs. 2 SGB X).

Die angeordnete Schriftform des zuzustellenden Verwaltungsakts kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn der Leistungsberechtigte für die Übermittlung elektronischer Dokumente einen Zugang eröffnet hat (vgl. § 36a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB I). Dazu muss er neben der Mitteilung der E-Mail-Adresse seine Bereitschaft zum Empfang von rechtlich verbindlichen Erklärungen gegenüber der Krankenkasse ausdrücklich erklärt haben. Zudem ist das von der Krankenkasse zu übermittelnde elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz zu versehen (vgl. § 36a Abs. 2 Satz 2 SGB I), sodass eine einfache E-Mail nicht ausreicht.

Denkbar ist auch eine Informationsübermittlung per Telefax.

 

Rz. 26

Der Versicherte kann die 10-Wochen-Frist voll ausschöpfen. Dieses ist sogar für ihn von Vorteil, wenn die ärztliche Behandlung in Hinblick auf die Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit keine Fortschritte verspricht. Durch das Hinauszögern werden auch das Verfahren bis zur eventuellen Umdeutung des Rehabilitationsantrages in einen Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und letztendlich auch der Tag der Rentenbewilligung hinausgezögert. Krankengeld wird nämlich bei Bewilligung einer Rente i. S. d. § 50 bis zu dem Tag voll ausgezahlt, bis der Rentenbescheid bei der Krankenkasse eingeht (vgl. Komm. zu § 50 SGB V).

 

Rz. 27

Sowohl bei der Aufforderung zur Stellung eines Rehabilitationsantrags als auch bei der Mitteilung zur Einstellung des Krankengeldes wegen Verfristung handelt es sich jeweils um einen Verwaltungsakt (§ 35 SGB X). Jeder Verwaltungsakt muss deshalb eine Rechtsbehelfsbelehrung (§ 36 SGB X) enthalten. Die Rechtsbehelfsbelehrung weist den Versicherten darauf hin, dass er gegen den Verwaltungsakt der Krankenkasse (Einstellung der Kran...

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