Rz. 3
Die Krankenkassen sind ermächtigt, Versorgungsinnovationen zu fördern (Satz 1). Sie können dazu auf vorhandene Sozialdaten zurückgreifen und ihren Versicherten individuelle und bedarfsgerechte Angebote unterbreiten. Die Versorgungsinnovationen sollen insbesondere ermöglichen,
- die Versorgung der Versicherten anhand des Bedarfs, der sich aus vorhandenen Sozialdaten ergibt, weiterzuentwickeln und
- passende Verträge mit Leistungserbringern abzuschließen
(Satz 2). Die Aufzählung ist nicht abschließend. Weitere Förderziele sind möglich. Entsprechende Angebote seitens der Krankenkassen und eine Information der Versicherten ergeben wichtige zusätzliche Impulse für die Fortentwicklung der Versorgung. Einzelverträge mit Leistungserbringern (z. B. nach § 140a) können stärker am tatsächlichen Bedarf ausgerichtet und zur Förderung von Innovation genutzt werden. Eine erweiterte Kompetenz zum Abschluss von Verträgen geht mit der Regelung nicht einher.
Rz. 3a
Das BVerfG hat eine Verfassungsbeschwerde gegen Regelungen zur elektronischen Patientenakte nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, Entscheidung v. 4.1.2021, 1 BvQ 108/20). Mit dem Fehlen einer gesetzlichen Definition für "Versorgungsinnovationen" seien gerade nicht nur spezifisch verfassungsrechtliche Fragen aufgeworfen worden, sondern diesen vorgelagert zunächst Fragen der Auslegung des Fachrechts zu klären. Erst danach bestehe eine gesicherte Tatsachen- und Rechtsgrundlage, auf der über die Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Normen entschieden werden könne.
Rz. 3b
Der Datenauswertung sollen (neue) Erkenntnisse über Bedarfe folgen (Koch, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 68b Rz. 9, Stand: 4.11.2020). Diese Erkenntnisse sollen in Vertragsabschlüsse mit Leistungserbringern münden. Diese wiederum sollen zur Verbesserung der Versorgung der Versicherten führen.
Rz. 4
Ein Eingreifen in die ärztliche Therapiefreiheit oder eine Beschränkung der Wahlfreiheit der Versicherten (z. B. aus Wirtschaftlichkeit) ist nicht zulässig (Satz 3).
Rz. 5
Um individuelle und bedarfsgerechte Versorgungsangebote zu entwickeln und Versicherte dafür zu gewinnen, können die bei den Krankenkassen vorhandenen Sozialdaten (§ 284 Abs. 1) im erforderlichen Umfang ausgewertet werden (Satz 4). Dazu sind die Daten zu pseudonymisieren (Satz 5). Dabei werden der Name und andere Identifikationsmerkmale durch ein Kennzeichen ersetzt, um die Bestimmung des Betroffenen auszuschließen oder wesentlich zu erschweren (§ 3 Abs. 6a BDSG). Die Daten sind zu anonymisieren, wenn den Zwecken der Datenauswertung auch mit anonymisierten Daten entsprochen werden kann (Satz 6). Dabei werden personenbezogene Daten derart verändert, dass die Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse nicht mehr oder nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person zugeordnet werden können. An Dritte dürfen die Daten weder pseudonymisiert noch anonymisiert weitergegeben werden (Satz 7).