Rz. 48
Sofern eine Mutter nach Beendigung der Schutzfrist "wegen des ersten Kindes" ihre sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wieder aufnimmt und weiter ausübt, hat sie bei Eintritt der Schutzfrist aufgrund einer erneuten Schwangerschaft grundsätzlich einen neuen Anspruch auf Mutterschaftsgeld. In der Praxis gibt es allerdings viele Frauen, die seit dem Mutterschaftsgeldbezug wegen der letzten Entbindung die Arbeit nicht wieder aufgenommen haben. Wie sich der Anspruch auf Mutterschaftsgeld in diesen Fällen wegen einer erneuten Entbindung beurteilt, erläutern die folgenden Abschnitte:
2.4.1 Entgeltersatzleistungen bei erneuter Schutzfrist
Rz. 49
Das Mutterschaftsgeld hat die Aufgabe, der werdenden bzw. jungen Mutter den Verdienst zu ersetzen, der ihr während der Schutzfristen (§ 3 MuSchG) bzw. während der besonderen Phase der Schutzbedürftigkeit (6 Wochen vor und 8 bzw. 12 Wochen nach der Entbindung) entgeht. Insofern hat das Mutterschaftsgeld eine Entgeltersatzfunktion. Arbeitet eine Frau nicht, steht ihr grundsätzlich auch kein Mutterschaftsgeld zu.
Dieses Ergebnis ist jedoch nicht mit den Fällen zu vereinbaren, in denen die Mutter zum Zeitpunkt des leistungsauslösenden Tatbestands wegen der Zwänge von Arbeitsunfähigkeit etc. oder wegen Pflegetätigkeiten ihre Arbeit nach der letzten Entbindung noch nicht aufgenommen hat und bei Eintritt des erneuten leistungsauslösenden Tatbestands eine Mitgliedschaft wegen des Bezugs von Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld oder Pflegeunterstützungsgeld (vgl. § 192 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB V) besteht. Deshalb soll in diesen Fällen Mutterschaftsgeld gezahlt werden (Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Krankenkassen v. 11./12.11.1996, Die Leistungen 1997 S. 211 = BB 1997 S. 530). Begründet wird das mit den Zwängen von Arbeitsunfähigkeit/Rehabilitation etc. und dem damit verbundenen gesellschaftlichen Schutz, den dieser unfreiwillig von den Wechselfällen des Lebens betroffene Personenkreis genießt. Dabei ist nicht Voraussetzung, dass sich die Arbeitsunfähigkeit unmittelbar an das Ende der Schutzfrist wegen der letzten Entbindung anschließt. Eine bestehende Mitgliedschaft, die zum Zeitpunkt des leistungsauslösenden Tatbestandes nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 und 3 begründet ist, reicht aus.
In diesen Fällen verdrängt das zu zahlende Mutterschaftsgeld die anderen oben erwähnten Entgeltersatzleistungen nach § 49 Abs. 1 Nr. 3a SGB V, § 52 Nr. 2 SGB VII, § 16 Abs. 4 BVG (ab 1.1.2024: § 47 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 64 Abs. 1 SGB XIV), § 65 Abs. 4 SGB IX.
2.4.2 Zulässige Auflösung des Arbeitsverhältnisses beim "ersten" Kind
Rz. 50
Der Anspruch auf Mutterschaftsgeld soll bei beendetem Arbeitsverhältnis nach § 24i Abs. 1 Satz 2 dann nicht ausgeschlossen sein, wenn das letzte Beschäftigungsverhältnis während der Schwangerschaft zulässig i. S. d. § 17 Abs. 2 MuSchG aufgelöst (vgl. Rz. 20 ff.) wurde und bei Eintritt der Schutzfrist eine Mitgliedschaft nach § 192 Abs. 2 besteht.
Wurde das Arbeitsverhältnis dagegen während der Schwangerschaft bzw. während der Schutzfristen wegen des "ersten" Kindes zulässig aufgelöst und besteht die Mitgliedschaft der Frau nach Beendigung der Schutzfristen wegen des "ersten" Kindes nur noch aufgrund des Bezugs von Elterngeld i. S. d. BEEG, erfüllt sie die Anspruchsvoraussetzung "Mitglied, dessen Arbeitsverhältnis zulässig aufgelöst wurde" bei Eintritt der erneuten Schutzfrist nicht mehr. Nach allgemein herrschender Rechtsauffassung kann nämlich der besondere Schutz für eine Mutter, deren Arbeitsverhältnis zulässig aufgelöst wurde, nur immer für das "eine" Kind angewendet werden.
2.4.3 Mitgliedschaft aufgrund der Elternzeit wegen des "ersten" Kindes
Rz. 51
Wegen der Dauer der Elternzeit (bis zu 3 Jahren, vgl. § 15 BEEG) arbeiten Mütter zwischen der Geburt des "ersten" und "zweiten" Kindes oft nicht. Es stellt sich hier die Frage, ob die Mutter in diesen Fällen wegen des "zweiten" Kindes erneut Mutterschaftsgeld beanspruchen kann.
Damit ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld nach § 24i entsteht, muss die Frau zum Zeitpunkt des Eintritts des leistungsauslösenden Tatbestands (Beginn der Schutzfrist oder der Phase der besonderen Schutzbedürftigkeit wegen der Geburt des "zweiten" Kindes) Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse sein und im Fall von Arbeitsunfähigkeit Krankengeld beanspruchen können.
Während einer Elternzeit besteht immer ein aktuelles Arbeitsverhältnis; es ruht lediglich. Sofern die Frau pflichtversichert war, bleibt die Mitgliedschaft trotz fehlender Arbeitsleistung nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 erhalten. Diese Mitgliedschaft begründet wegen des noch andauernden Arbeitsverhältnisses auch einen Grundanspruch auf Krankengeld (vgl. BSG, Urteil v. 17.2.2004, B 1 KR 7/02 R). Dass dieser Anspruch während der Elternzeit ruht (vgl. § 49 Abs. 1 Nr. 2), ist unbedeutend (vgl. Bay. LSG, rechtskräftiges Urteil v. 15.11.2001, L 4 KR 51/99; Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 11./12.11.1996, DOK 1997 S. 105).
Obwohl der Anspruch auf Mutterschaftsgeld trotz Elternzeit i. d. R. mit dem Beginn der erneuten Schutzfrist entsteht, entfällt der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld für die Dauer der Elternzeit (vgl. § 22 MuSchG). Grun...