Rz. 161
Der Anspruch auf Mutterschaftsgeld ruht, soweit die Versicherte beitragspflichtiges Arbeitsentgelt bzw. beitragspflichtiges Arbeitseinkommen oder eine Urlaubsabgeltung erhält (vgl. § 24i Abs. 4).
Obwohl sich die Berechnung des Mutterschaftsgeldes wegen § 24i Abs. 2 Satz 3 SGB V i. V. m. § 21 MuSchG nach arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten richtet (vgl. Rz. 69 ff.), ist § 20 Abs. 4 MuSchG sozialversicherungsrechtlicher Natur (weil kein Hinweis auf das MuSchG). Deshalb kommt auch § 23c Abs. 1 Satz 1 SGB IV zur Anwendung. Nach § 23c Satz 1 SGB IV gelten arbeitgeberseitige Leistungen, die für die Zeit des Bezugs von Mutterschaftsgeld erzielt werden, nicht als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt, wenn sie zusammen mit dem Mutterschaftsgeld und dem Zuschuss zum Mutterschaftsgeld das aktuelle Nettoarbeitsentgelt nicht um mehr als 50,00 EUR im Monat übersteigen. Bei dem Betrag von 50,00 EUR monatlich handelt es sich um eine Freigrenze. Wird diese überschritten, ist der gesamte Betrag der arbeitgeberseitigen Leistung als beitragspflichtige Einnahme zu bewerten – allerdings nur in Höhe ihres Nettobetrages.
Kalendertägliches Nettoarbeitsentgelt der Arbeitnehmerin: |
18,00 EUR |
Kalendertägliches Mutterschaftsgeld nach § 24i SGB V ab 10.10.: kalendertäglicher Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach § 20 Abs. 1 MuSchG ab 10.10.: |
13,00 EUR 5,00 EUR |
Weiterzahlung der vermögenswirksamen Leistungen i. H. v. 39,00 EUR monatlich bzw. 1,30 EUR täglich (Brutto = Nettobetrag). Die vermögenswirksamen Leistungen werden laut Arbeitgeber nicht als Teil des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld, sondern zusätzlich gezahlt, weil während des Mutterschaftsgeldes ein von der Arbeitnehmerin geschlossener VWL-Vertrag zum 1.11. beginnt und der Arbeitgeber die monatlichen Zahlungen übernehmen möchte.
Folge:
Die vom Arbeitgeber weitergezahlten vermögenswirksamen Leistungen, das Mutterschaftsgeld und der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach § 20 Abs. 1 MuSchG übersteigen zusammen (13,00 EUR und 5,00 EUR und 1,30 EUR = 19,30 EUR) das kalendertägliche Nettoarbeitsentgelt (18,00 EUR) um 1,30 EUR. Da allerdings eine Überschreitung des Nettoarbeitsentgelts i. H. v. (50,00 EUR monatlich bzw.) 1,67 EUR täglich unschädlich ist (§ 23c Abs. 1 Satz 1 SGB IV), führt das weitergezahlte Arbeitsentgelt nicht zur Beitragspflicht der VWL-Leistung und somit auch nicht zum (teilweisen) Ruhen des Mutterschaftsgeldes.
Das Ruhen setzt die tatsächliche Zahlung von Arbeitsentgelt voraus. Hat die Frau zwar einen Anspruch auf Zahlung des Arbeitsentgelts, wird dieser jedoch vom Arbeitgeber nicht erfüllt, kommt es nicht zum Ruhen des Mutterschaftsgeldes. In diesen Fällen geht der Anspruch der Frau gegen den Arbeitgeber kraft Gesetzes auf die Krankenkasse über (§ 115 Abs. 1 SGB X).
Auch das Weiterzahlen von Arbeitsentgelt aus versicherungsfreien Beschäftigungen führt zum Ruhen des Mutterschaftsgeldes, wenn bei der Berechnung des Mutterschaftsgeldes auch Arbeitsentgelte aus versicherungsfreien Beschäftigungen herangezogen wurden.
Ebenfalls weitergewährtes Teilarbeitsentgelt i. S. d. § 14 SGB IV (z. B. Firmenwagen, Dienstfahrrad oder sonstige Sachbezüge) wird auf die Höhe des Mutterschaftsgeldes angerechnet. Entscheidend ist aber die Frage, ob der Arbeitgeber dieses Teilentgelt in Form des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld (§ 20 MuSchG) zahlt. Ist dieses der Fall, tritt keine Wirkung des § 24i Abs. 4 ein. Denn der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld kann auch in Form der Weitergewährung von Sachbezügen erfolgen, sofern der geldwerte Vorteil vor Beginn der Schutzfrist bereits als Sachbezug gewährt wurde. Allerdings muss dieser Zuschuss in Form des Sachbezugs vom Wert her dem Geldbetrag entsprechen, der ansonsten als Zuschuss zu gewähren wäre. Ein Wechsel des Firmenwagens – z. B. von der Oberklasse auf die Mittelklasse – löst bei dem Zuschuss zum Mutterschaftsgeld eine Neuverteilung des Verhältnisses zwischen Geld- und Sachleistung aus.
Eine gut verdienende Arbeitnehmerin darf ihren Dienstwagen auch während des Mutterschaftsgeldbezugs weiter für private Fahrten benutzen. Dieser vermögenswerte Vorteil mindert den in Geld ausgezahlten Zuschuss des Arbeitgebers.
Lösung:
Der Dienstwagen ist Teil des Arbeitgeberzuschusses i. S. d. § 20 Abs. 1 MuSchG. § 24i Abs. 4 ist nicht anzuwenden.
Rz. 162
Da die werdenden Mütter ihre Arbeitsleistung regelmäßig mit Eintritt der Schutzfrist bzw. mit Eintritt der Phase der besonderen Schutzbedürftigkeit (= 6 Wochen vor der voraussichtlichen Entbindung) einstellen, ist eine Überschneidung von Mutterschaftsgeld einerseits und Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen anderseits selten. Ein Ruhen des Mutterschaftsgeldes kommt aber in Betracht,
- wenn sich eine Frau trotz Schutzfrist freiwillig zur Arbeitsleistung bereit erklärt und deshalb Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt oder
- wenn der Arbeitgeber freiwillig – also außerhalb des Zuschusses nach § 20 MuSchG – Arbeitsentgelt fortzahlt, sofern es 50,00 EUR monatlich (vgl. Rz. 161) überschreitet...