Rz. 31
Abs. 4 beruht auf der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Gesundheit (BT-Drs. 19/20720 S. 56). Die Krankenkasse hat die außerklinische Intensivpflege grundsätzlich als Sachleistung (§ 13 Abs. 1, § 2 Abs. 2) zu erbringen. Ist die Krankenkasse dazu nicht in der Lage, weil sie z. B. über keine ausreichende Anzahl von geeigneten, qualifizierten Pflegefachkräften verfügt, eröffnet Abs. 4 Satz 1 neben § 13 Abs. 3 (für die insoweit zu unterscheidenden Fälle eines Systemversagens vgl. näher die Kommentierung zu § 37 Rz. 35) einen Anspruch auf Erstattung der angemessenen Kosten für eine selbstbeschaffte Pflegefachkraft. Voraussetzung ist, dass der Versicherte zunächst einen Antrag auf Gewährung der Sachleistung an die Krankenkasse gerichtet hat und die Krankenkasse nicht in der Lage ist, die qualifizierte Pflegefachkraft zur Verfügung zu stellen. Angemessen sind die Kosten in jedem Fall dann, wenn sie den Kosten entsprechen, die die Krankenversicherung im Falle entsprechender Verträge mit qualifizierten Pflegefachkräften aufbringen müsste. Maßgeblich ist dabei in jedem Fall der durch die Schwere der Erkrankung bedingte Pflegeaufwand.
Rz. 31a
Für den Antrag gelten die Bearbeitungsfristen des § 13 Abs. 3a. Das durch die Genehmigungsfiktion begründete Recht des Versicherten zur Selbstbeschaffung auf Kosten der Krankenkasse besteht auch bei materieller Rechtswidrigkeit der selbstbeschafften Leistung, sofern der Versicherte im Zeitpunkt der Selbstbeschaffung keine Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis vom Nichtbestehen des materiellen Leistungsanspruchs hat. Dabei handeln Versicherte grobfahrlässig, wenn sie sich trotz der ihnen vermittelten, erdrückenden Sach- und Rechtslage der Erkenntnis verschließen, dass sie auf die selbstbeschaffte Leistung offensichtlich keinen Anspruch haben, obwohl sie nach ihren persönlichen Fähigkeiten zu dieser Erkenntnis in der Lage sind (BSG, Urteil v. 26.5.2020, B 1 KR 9/18 R).
Rz. 32
Abs. 4 Satz 2 stellt klar, dass die Möglichkeit der Leistungserbringung im Rahmen eines persönlichen Budgets nach § 2 Abs. 2 Satz 2, § 11 Abs. 1 Nr. 5 i. V. m. § 29 SGB IX auch in Fällen, in denen die Krankenkasse die Versorgung grundsätzlich stellen könnte, erhalten bleibt. Es ist Versicherten erlaubt, sich die benötigte Leistung selbst zu beschaffen. Dies setzt allerdings nach § 29 Abs. 4 SGB IX den Abschluss einer Zielvereinbarung zwischen dem Leistungsberechtigten und den beteiligten Kostenträgern (z. B. den der Eingliederungshilfe) voraus, die als wesentlicher Bestandteil auch Regelungen zur Qualitätssicherung der Versorgung enthalten sollte. Da in der Praxis die pflegerische Versorgung im Rahmen eines persönlichen Budgets regelmäßig teilweise auch mit angestellten Kräften erfolgt, die nicht Pflegefachkräfte sind, müssen die Regelungen zur Qualitätssicherung nicht völlig dem Leistungserbringerrecht der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechen (amtl. Begründung, BT-Drs. 19/20720 S. 56).