Rz. 5
Die Regelungstatbestände des Abs. 1 Satz 2 und 3 schreiben fest, ob und inwieweit Prüfungen vor ihrer Durchführung angemeldet werden müssen oder dürfen oder zuvor anzukündigen sind. Diese Fragen hat der Gesetzgeber in der Vergangenheit auch unter Berücksichtigung gewonnener Erkenntnisse aus der Praxis unterschiedlich beantwortet, so dass die hiervon betroffenen Regelungen seit ihrem Bestehen deshalb eine mehrfache gesetzliche Änderung erfahren haben (zur Rechtsentwicklung in dieser Frage vgl. auch Gutzler, in: Hauck/Noftz, SGB XI, § 114a Rz. 7, Stand: 3/17). Seit der jüngsten gesetzlichen Änderung zum 1.1.2019 durch das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz v. 11.12.2018 (BGBl. I S. 2394) gilt für ambulante und vollstationäre Pflegeeinrichtungen Folgendes:
Grundsätzlich sind alle Prüfungen am Tag zuvor anzukündigen (Abs. 1 Satz 2 HS 1). Der Gesetzgeber erstreckt mit dieser vor dem 1.1.2019 bereits für ambulante Einrichtungen geltenden Regelung das Ankündigungserfordernis nunmehr generell auch auf vollstationäre Pflegeeinrichtungen. Die Erfahrungen mit der wissenschaftlichen Erprobung von Prüfungen mit Bezug auf indikatorenbezogene Daten zur vergleichenden Messung und Darstellung von Ergebnisqualität in vollstationären Pflegeeinrichtungen hätten gezeigt, dass durch die kurzfristige Ankündigung eine bessere organisatorische Vorbereitung der Prüfung ermöglicht werde. Anzukündigen sei in diesem Zusammenhang auch lediglich der Termin der Prüfung. Hingegen habe ausdrücklich keine Vorabinformation über die in die Prüfung einbezogene Stichprobe von Pflegebedürftigen zu erfolgen. Dies sei der Einrichtung erst am Prüftag nach Eintreffen der Prüfer mitzuteilen (vgl. BT-Drs. 19/5593 S. 133). Eine Ausnahme von diesem Regelerfordernis der Vorankündigung macht der Gesetzgeber, wenn die Voraussetzungen für eine unangemeldete Prüfung vorliegen. Eine solche unangemeldete oder unangekündigte Prüfung soll nach dem Willen des Gesetzgebers erfolgen
- generell bei allen Anlassprüfungen (Abs. 1 Satz 2 HS 2),
- bei Prüfungen in zugelassenen vollstationären Pflegeeinrichtungen, wenn gemäß Abs. 1 Satz 3
- die Einrichtung ihrer Verpflichtung nach § 114b Abs. 1 gar nicht nachkommt,
- die vorgeschriebene Datenübermittlung nach dieser Vorschrift unvollständig war oder
- von der Datenauswertungsstelle nach § 113 Abs. 1b mangelnde Plausibilität der übermittelten Daten festgestellt wurde.
Das Gesetz ist unsauber, soweit die Ausnahmeregelungen in Abs. 1 Satz 2 HS 2 und Abs. 1 Satz 3 begrifflich zwischen unangemeldeter und unangekündigter Prüfung differenzieren. Sachliche Unterschiede bezüglich des Regelungsgehalts beider Bestimmungen dürften damit allerdings nicht verbunden sein. Dies folgt bereits aus dem Umkehrschluss des Wortlauts der Regelung des § 114c Abs. 1 Satz 2.
Nach § 114c Abs. 1 Satz 2 hat der Medizinische Dienst Bund im Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Pflegekassen und unter Beteiligung des Prüfdienstes des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. in Richtlinien (auch) Kriterien für die Veranlassung unangemeldeter Prüfungen nach § 114a Abs. 1 Satz 3 festzulegen. Aus dem fehlenden Verweis dieser Regelung auf Abs. 1 Satz 2 HS 2 ist zu schließen, dass der Gesetzgeber bei Anlassprüfungen für eine Festlegung entsprechender Richtlinienvorgaben keinen vergleichbaren Anlass sah. Es ist deshalb davon auszugehen, dass wegen der in Abs. 1 Satz 2 HS 2 getroffenen "Sollregelung" die unangemeldete Prüfung bei Anlassprüfungen den Regelfall darstellt und von dieser Verfahrensweise nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden darf. Dies kann z. B. dann in Betracht kommen, wenn im Einzelfall nur durch eine Vorankündigung die ordnungsgemäße Durchführung einer Prüfung sichergestellt werden kann, so z. B., wenn die Einwilligung von rechtlichen Betreuern bei der Inaugenscheinnahme nach Abs. 3 einzuholen ist (vgl. BT-Drs. 16/8525 S. 103).