Rz. 4
Gegenstand der Förderung ist nach Abs. 1 Satz 1 im Zeitraum 2025 bis 2028 die Durchführung und Erprobung regionalspezifischer Modellvorhaben für innovative Unterstützungsmaßnahmen und -strukturen für Pflegebedürftige, ihre Angehörigen und vergleichbar Nahestehenden vor Ort und im Quartier. Die besondere Bedeutung des regionalspezifischen Charakters der Modellvorhaben erschließt sich aus dem weiteren Wortlaut der Regelung, wonach die im Fokus der Modellvorhaben stehende Prüfung und Entwicklung innovativer Unterstützungsmaßnahmen und -strukturen auf die Gegebenheiten vor Ort und im Quartier ausgerichtet sein sollen. Insoweit ist es daher (auch) ein erkennbares Anliegen des Gesetzgebers, durch regionale Pflege- und Unterstützungsangebote am Lebensort und in der Nähe eine Verbesserung der Lebensverhältnisse für die Pflegebedürftigen und weiteren Zielgruppen in Modellvorhaben zu erproben. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers sind nämlich besonders wichtige Aspekte der Förderung gemeinsamer Modellvorhaben, dass die unterschiedlichen Pflege-, Wohn- und Lebenssituationen in Großstädten, mittleren Städten und kleinen Städten sowie in Städten und Gemeinden des ländlichen Raums als Voraussetzung für eine gut funktionierende Versorgung im Nahraum hinreichende Beachtung finden (vgl. BT-Drs. 20/6983 S. 94). Dieses Anliegen legt nahe, vor allem den Kommunen wegen ihrer besonderen Vertrautheit mit den örtlichen Gegebenheiten in den Empfehlungen nach Abs. 3 die Durchführung der Modellvorhaben anzutragen (zur Bedeutung und besonderen Rolle der Kommunen bei der Umsetzung der Modellvorhaben vgl. Tebest/Kempchen, in: LPK-SGB XI, 6. Aufl., § 123 Rz. 10).
Rz. 5
Die wesentlichen Ziele der Förderung beschreibt Abs. 1 Satz 2. Indes ist der Katalog der dort angeführten Förderungsziele ("insbesondere") nicht abschließend. Inhaltlich sind die im Einzelnen in Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 8 angeführten (Teil-) Ziele unter Verzicht auf nähere gesetzliche Vorgaben ausschließlich themenbezogen, sodass den Akteuren bei ihrer Umsetzung grundsätzlich ein weiter Handlungs- und Entscheidungsspielraum zukommt. Allerdings ist in diesem Zusammenhang den nach Maßgabe des Abs. 3 auch zu den Voraussetzungen, Zielen und Inhalten der Förderung zu beschließenden Empfehlungen die gebotene Beachtung zu schenken (vgl. hierzu Rz. 8 f.).
Generell lässt sich zu den Zieltatbeständen des Abs. 1 Satz 2 Folgendes feststellen:
Nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bezweckt die Förderung, die Situation der Pflegebedürftigen, ihrer Angehörigen und vergleichbar Nahestehenden zu erleichtern. Dieses Förderungsziel steht sachlich im Kontext mit den weiteren in Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 8 formulierten Zielen, wonach mit der Durchführung der Modellvorhaben ferner eine Verbesserung des Zugangs zu den vorhandenen Pflege- und Unterstützungsangeboten (Nr. 2) sowie eine digitale Vernetzung vorhandener Pflegeangebote (Nr. 8) erprobt werden soll.
Mögliche Ansätze für die Modellvorhaben sieht der Gesetzgeber in einer denkbaren Verzahnung verschiedener Angebote von unterschiedlichen Leistungsträgern und Leistungserbringern wie Pflegekassen, Pflegediensten, stationären Pflegeeinrichtungen und ehrenamtlichen Angeboten mit kommunalen Angeboten und Diensten. Von der Erprobung solcher Maßnahmen verspricht man sich vor allem die Schaffung besserer Zugänge zu vorhandenen Hilfeleistungen und damit zusammenhängend eine höhere Transparenz verfügbarer Pflegeangebote durch ihre digitale Vernetzung. In Betracht gezogen werden kann in diesem Zusammenhang auch die Einbeziehung digitaler Angebote, um zu diesen ggf. einen niedrigschwelligen Zugang zu ermöglichen (vgl. BT-Drs. 20/6983 S. 93).
Die Verzahnung und Vernetzung gesetzlich in Betracht kommender Beratungsangebote der Pflegeversicherung (vgl. z. B. §§ 7a bis 7c, § 37 Abs. 3) mit kommunalen Beratungsaufgaben war bereits Gegenstand der Vorgängerregelung des § 123 (vgl. hierzu Rz. 2). Insoweit könnte der Aufbau ganzheitlicher Beratungsstrukturen auch als (weiterer) Ansatz für die Erprobung von innovativen Unterstützungsmaßnahmen im Rahmen der von Abs. 1 Satz Nr. 1 und 2 erfassten Zielbeschreibung dienen (vgl. Vorholz/Postel, in: Udsching/Schütze, SGB XI, 6. Aufl., § 123 Rz. 16).
- Weiteres Förderungsziel ist es nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, die Pflegeprävalenz positiv zu beeinflussen. Unter Pflegeprävalenz versteht man den Anteil der pflegebedürftigen Menschen an der Gesamtbevölkerung. Eine positive Beeinflussung dieser Quote kann nach Ansicht des Gesetzgebers z. B. durch Ansätze einer verbesserten Prävention oder zur Vermeidung von Pflegebedarf erfolgen (vgl. BT-Drs. 20/6983 S. 93 f.). Als Beurteilungsmaßstab für die Entwicklung der Pflegeprävalenz kommt bei Durchführung der Modellvorhaben naturgemäß nur der Sozialraum in Betracht, für den das jeweilige Modellvorhaben regionalspezifisch vereinbart wurde.
- Die Deckung des Fachkräftebedarfs ist als Kernziel der in Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 normierte Förderungsziele zu betrachten und offenkundig dem akuten Fachkräftemangel ...