0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 38a trat mit dem Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz – PNG) v. 23.10.2012 (BGBl. I S. 2246) zum 30.10.2012 in Kraft und wurde durch das Erste Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Erstes Pflegestärkungsgesetz – PSG I) v. 17.12.2014 (BGBl. I S. 2222) zum 1.1.2015 neugefasst. Satz 1 Nr. 1 wurde durch das Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf v. 23.12.2014 (BGBl. I S. 2462) geändert. Das Zweite Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Zweites Pflegestärkungsgesetz – PSG II) v. 21.12.2015 (BGBl. I S. 2424) erhöhte zum 1.1.2017 den Leistungsbetrag.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Intention des Gesetzes mit dem Wohngruppenzuschlag ist die Förderung der selbstorganisierten Versorgung innerhalb einer Wohngruppe. Die Leistung wird pauschal zur eigenverantwortlichen Verwendung für die Organisation sowie Sicherstellung der Pflege in der Wohngemeinschaft gewährt. Damit wird diese Versorgungsform vom Gesetzgeber gestärkt und es wird berücksichtigt, dass in Wohngemeinschaften für Pflegebedürftige besondere Aufwendungen entstehen (Begründung zum Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz, PNG, Tit. B zu Art. 1 zu Nr. 13 – § 38a – neu, BT-Drs. 17/9369 S. 40).
Ambulant betreute Wohngruppen als alternative Wohnform für Pflegebedürftige wurden zunehmend attraktiv und haben mittlerweile einen festen Platz im Spektrum der Wohnformen. Die Zahl der Empfänger des Wohngruppenzuschlags ist in 2015 bis auf 16.604 angestiegen. Die Ausgaben betrugen im Jahr 2015 ca. 40 Mio. EUR (Sechster Bericht über die Entwicklung der Pflegeversicherung und den Stand der pflegerischen Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland (§ 10 Abs. 4 SGB XI) v. 15.12.2016, BT-Drs. 18/10707, Tit. 2.4.3 und Tit. 3.6.5).
Der Wohngruppenzuschlag wird monatlich pauschal gezahlt. Er betrug bei Einführung 200,00 EUR (ab 30.10.2012) und wurde zum 1.1.2016 auf 205,00 EUR sowie zum 1.1.2017 auf 214,00 EUR angehoben.
Mit der Neufassung durch das PSG I zum 1.1.2015 wurde die Leistungsinanspruchnahme vereinfacht und inhaltlich weiterentwickelt. Damit soll z. B. ausgeschlossen werden, dass der Anspruch für stationäre oder quasi-stationäre Formen geöffnet wird. Außerdem wurde der Leistungsanspruch auch für Menschen ohne Pflegestufe, aber mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz erweitert.
Mit Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und der Pflegegrade zum 1.1.2017 haben Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 bis 5 Anspruch auf den Wohngruppenzuschlag.
Bei Gründung von ambulant betreuten Wohngruppen kann eine Anschubfinanzierung in Frage kommen. Sie beträgt bis zu 2.500,00 EUR je pflegebedürftiger Person, maximal 10.000,00 EUR insgesamt je Wohngruppe (§ 45e SGB XI; vgl. Komm. Sommer, SGB XI § 45e Anschubfinanzierung zur Finanzierung von betreuten Wohngruppen).
2 Rechtspraxis
2.1 Leistungsvoraussetzungen
Rz. 3
Voraussetzung für die Zahlung des pauschalen Wohngruppenzuschlag ist, dass mindestens 3 und höchstens 12 Bewohner in einer gemeinsamen Wohnung mit häuslicher pflegerischer Versorgung leben und mindestens 3 Bewohner pflegebedürftig (Pflegegrad 1 bis 5) sind.
2.1.1 Gemeinsame Wohnung
Rz. 4
Eine gemeinsame Wohnung besteht, wenn der Sanitärbereich, die Küche und ein evtl. vorhandener Aufenthaltsraum von allen Bewohnern jederzeit allein oder gemeinsam genutzt werden und die Wohnung einen eigenen, abschließbaren Zugang (vom Freien oder von einem Treppenhaus oder von einem Vorraum) hat. Gegen eine gemeinsame Wohnung spricht z. B. wenn die Bewohner jeweils in einem Apartment einer Wohnanlage/Wohnhaus leben oder die Privaträume über vollausgestattete Sanitärbereiche verfügen. Hinweise ergeben sich aus den abgeschlossenen Mietverträgen, Teilungserklärungen oder dem Wohnungsgrundriss.
2.1.2 Definition Wohngruppe
Rz. 5
Eine weitere Voraussetzung für den Anspruch auf den Wohngruppenzuschlag ist, dass mindestens 3 Pflegebedürftige zum Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung zusammenleben. Als Nachweis über das Vorliegen der Pflegebedürftigkeit der anderen Bewohner reicht eine formlose Bestätigung aus. Eine vorübergehende Abwesenheit von Wohngruppenbewohnern, z. B. wegen eines Krankenhausaufenthalts, der Teilnahme an medizinischen Rehabilitations- oder Vorsorgemaßnahmen, ist unerheblich. In der Wohngruppe können zusätzlich zu den 3 pflegebedürftigen Bewohnern auch Personen, die nicht pflegebedürftig sind, wohnen – die Obergrenze von höchstens 12 Bewohnern darf jedoch nicht überschritten werden. Die nichtpflegebedürftigen Bewohner erhalten keinen Wohngruppenzuschlag.
Das Zusammenleben innerhalb eines Familienverbundes (z. B. Eltern mit Kindern) verfolgt nicht den Zweck der gemeinschaftlichen pflegerischen Versorgung in einer gemeinsamen Wohnung. Ein Wohngruppenzuschlag wird deshalb nicht gezahlt.
Durch Auszug oder durch den Tod eines Bewohners der Wohngruppe endet die Zugehörigkeit zur Wohngruppe. An die übrigen Wohngruppenbewohner kann der Zuschlag nur gezahlt werden, wenn weiterhin die Mindestzahl von 3 pflegebedü...