2.1 Voraussetzungen der Vereinigung
2.1.1 Beschlüsse der Verwaltungsräte (Abs. 1 Satz 1)
Rz. 5
Die freiwillige Vereinigung von Ortskrankenkassen ist auf die Errichtung einer neuen größeren Ortskrankenkasse gerichtet, die die Bezirke/Regionen der an der Vereinigung beteiligten Ortskrankenkassen umfasst. Nicht erforderlich ist nach dem Wortlaut und der Genehmigungspraxis, dass der neue Bezirk dann einen geschlossenen oder aneinander grenzenden Raum darstellt, wie die Vereinigung der AOK Rheinland mit der AOK Hamburg belegt (krit. dazu Baier, in: Krauskopf, SozKV, § 144 Rz. 7; Stand: Juni 2007). Da die Vereinigung lediglich bestehende Ortskrankenkassen betreffen kann, sind besondere Errichtungsvoraussetzungen nicht vorhanden. Auch materiell-rechtliche Voraussetzungen für die Zulässigkeit freiwilliger Vereinigungen bestehen nicht; insbesondere wird weder eine Stärkung der Leistungsfähigkeit noch die Verbesserung der Versorgung der Versicherten verlangt (so auch K. Peters, in: KassKomm. SGB V, § 144 Rz. 3, Stand: September 2013). Die Vereinigung kann daher zur Vermeidung einer Zwangsvereinigung nach § 145, der Schließung einer Ortskrankenkasse nach § 146a oder allein zum Zwecke der Vergrößerung des Versicherungsträgers dienen und/oder dadurch motiviert sein. Auch für freiwillige Vereinigungen von Innungskrankenkassen (§ 160), für Betriebskrankenkassen (§ 150) und für kassenartübergreifende Vereinigungen (§ 171a), an denen auch Ortskrankenkassen beteiligt sein können, bestehen keine materiellen Voraussetzungen.
Rz. 6
Erforderlich für eine freiwillige Vereinigung sind seit dem 1.1.1996 lediglich übereinstimmende Beschlüsse des Verwaltungsrates (§ 197 Nr. 6) der Ortskrankenkassen, oder der sonst an einer Vereinigung beteiligten Krankenkasse einer anderen Kassenart, die sich vereinigen wollen. Ein derartiger Beschluss kommt mit einfacher Stimmenmehrheit (§ 64 Abs. 2 SGB IV) zustande (so auch Koch, in: jurisPK-SGB V, § 144 Rz. 9, Stand: 24.6.2014). Eine qualifizierte Mehrheit ist nicht erforderlich. Um für das folgende Genehmigungsverfahren eine hinreichende Grundlage zu bilden, dürfen die Beschlüsse aber keine Vorbehalte oder Bedingungen enthalten und müssen bei allen beteiligten Ortskrankenkassen inhaltlich übereinstimmen.
2.1.2 Genehmigung der Beschlüsse (Abs. 1 Satz 2)
Rz. 7
Der Vereinigungsbeschluss jedes einzelnen Verwaltungsrates der beteiligten Krankenkassen bedarf der Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörde. Bis zum 31.12.1992 war diese Genehmigung von der nach der Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde zu erteilen. Seit 1.1.1993 ist der Beschluss von der vor der Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde zu genehmigen. Daher stellt Satz 2 auch zutreffend auf den Beschluss und nicht auf Beschlüsse ab, denn jeder einzelne von den Verwaltungsräten der beteiligten Krankenkassen getroffene Vereinigungsbeschluss bedarf einer eigenständigen Genehmigung, selbst wenn dafür die gleiche Aufsichtsbehörde zuständig ist. Diese Zuständigkeit stimmt auch mit der Zuständigkeit für die Rechtsaufsicht überein, denn bis zur Entscheidung über die Wirksamkeit der Vereinigung nach Abs. 3 besteht die neue Ortskrankenkasse mit ggf. anderer Aufsichtszuständigkeit noch nicht.
Rz. 8
Die Gesetzesänderung zum 1.1.1993 hat daher zur Folge, dass bei länderübergreifenden freiwilligen Vereinigungen die nach dem jeweiligen Landesrecht zuständigen Behörden (§ 90 Abs. 2 SGB IV) die Beschlüsse der Verwaltungsräte zu genehmigen haben. Die Gesetzesbegründung führt für diese Änderung (BT-Drs. 12/3608 S. 108) an, dass für den Fall beabsichtigter länderübergreifender Vereinigungen die Zuständigkeit von der Bundesbehörde (Bundesversicherungsamt) auf die Landesbehörde übergeht und dadurch der Regelung nach Art. 30 und 83 GG, die grundsätzlich den Ländern die Verwaltungskompetenz zuweist, besser Rechnung getragen wird. Nach dieser Begründung hat es den Anschein, als sollte durch die Gesetzesänderung den Ländern eine Einflussmöglichkeit auf die Organisation der Ortskrankenkassen eingeräumt werden, indem etwa Vereinigungsbeschlüsse nicht genehmigt werden. Ob dieses tatsächlich Absicht des Gesetzgebers war, kann hier dahinstehen. Eine solche Absicht könnte nur dann Bedeutung haben, wenn dafür im Gesetz Anhaltspunkte vorhanden sind, hier also der Begriff der Genehmigung als Zustimmung zu verstehen wäre. Ein derartiges Zustimmungserfordernis der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden sah § 265 Abs. 1 RVO für Vereinigungsbeschlüsse vor.
Rz. 9
Der maßgebliche Wortlaut lässt eine derartige Auslegung jedoch nicht zu. Das Gesetz spricht von einer Genehmigung der Beschlüsse durch die Aufsichtsbehörde. Die Genehmigung ist jedoch ein gebundener Verwaltungsakt, der zu erteilen ist, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Genehmigung ist den Aufsichtsbehörden zugewiesen, die eine reine Rechtsaufsicht ausüben (§ 87 Abs. 1 Satz 2 SGB IV), so dass allenfalls Rechtsfehler beim Zustandekommen oder bei der Abstimmung eine Verweigerung der Genehmigung rechtfertigen und begründen könnten. Die Genehmigung als Akt der Rechtsaufsicht schließt es aus, dass bei der Genehmigu...