Rz. 18
Unter bestimmten Umständen kann der als künftig zuständig gewählte Verband der an der Vereinigung beteiligten Krankenkasse mit der kleinsten Mitgliederzahl nach Satz 4 die Verbandsmitgliedschaft ablehnen, wenn dadurch seine finanziellen Grundlagen gefährdet würden. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/3100 S. 156) soll dies etwa dann der Fall sein, wenn an der Vereinigung Krankenkassen mit unterschiedlicher Größe beteiligt sind und die größere Krankenkasse über negative Finanzreserven in erheblichem Umfang verfügt, mit denen der gewählte Verband nicht rechnen musste und die von den Mitgliedern dieses Verbands nicht getragen werden könnten. Eine solche Gefährdung der finanziellen Grundlagen wäre daher insbesondere im Falle der Haftung des Verbandes nach § 155 gegeben.
Rz. 19
Das Ablehnungsrecht steht nur dem Verband zu, dem die an der Vereinigung beteiligte Krankenkasse mit der zur Zeit der Genehmigung kleinsten Mitgliederzahl angehört. Sind an der Vereinigung mehrere Krankenkassen dieses Verbandes beteiligt, hat der Verband kein Ablehnungsrecht. Kein Ablehnungsrecht hat demnach der Verband, dem die zweitkleinste an der Vereinigung beteiligte Krankenkasse angehört. Die Ablehnung ist zumindest im Anhörungsverfahren nach § 172 gegenüber der für die Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde zu erklären, kann jedoch auch bei Kenntnis von der beabsichtigten Wahl des Verbandes schon vorher erfolgen.
Rz. 20
Um Streitigkeiten über die Frage der finanziellen Überforderung auszuschließen, ist im Gesetzgebungsverfahren (BT-Drs. 16/4247 S. 50) die Regelung eingefügt worden, dass die Gefährdung der finanziellen Grundlagen auf Grund einer von der Aufsichtsbehörde dieses Verbandes durchgeführten Prüfung einvernehmlich festgestellt wird. Das Einvernehmen über die finanzielle Überforderung und damit das Ablehnungsrecht ist nicht nur mit dem Verband (so Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 171a Rz. 37, Stand: Oktober 2008), sondern auch mit den vereinigungswilligen Krankenkassen herzustellen, denn diese wäre von dem Ablehnungsrecht betroffen. Trotz dieser Verfahrensregelung bleibt allerdings offen, welche Maßstäbe für die Überforderung anzuwenden sind.
Rz. 21
Kann nach Überprüfung der Überforderung der gewählte Verband die Mitgliedschaft ablehnen, müssen die an der Vereinigung beteiligten Krankenkassen eine andere Kassenart wählen und dieses der für die Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde mitteilen. Es kann, selbst wenn als Alternative nur eine andere Kassenart und damit dieser Verband in Betracht kommt, weder durch die Aufsichtsbehörde die Kassenart festgelegt werden, noch kann davon ausgegangen werden, dass damit dann kraft Gesetzes eine andere Kassenart als gewählt gilt. Eine erneute Durchführung des gesamten Vereinigungsverfahrens für die Wahl einer anderen Verbandszugehörigkeit erscheint allerdings entbehrlich. Nur wenn, ggf. trotz Aufforderung der für die Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde, keine Wahl der Kassenzugehörigkeit erfolgt, ist die Genehmigung der Vereinigung abzulehnen.
Rz. 22
Die Regelung über das Ablehnungsrecht des Verbandes der kleinsten Krankenkasse geht seit dem 1.7.2008 ins Leere, weil es seither die vorrangige Haftung der Verbände nicht mehr gibt (vgl. z. B. § 155 Abs. 4 Satz 3 und 4). Vor dem Hintergrund, dass die Haftung des Verbandes von den verbandszugehörigen Mitgliedskassen zu finanzieren war, und der Verband mit seinem Ablehnungsrecht damit letztlich deren finanziellen Interessen vertreten hatte, bedeutet die Erledigung des Ablehnungsrechts mit der Verbandshaftung, dass seither der Wahl der Verbandszugehörigkeit bei kassenartenübergreifenden Vereinigungen die finanzielle Überforderung nicht mehr entgegengehalten werden kann (so auch Dalichau, SGB V, § 171a Anm. II. 3., Stand: Juli 2009; Baier, in: Krauskopf, SozKV, SGB V, § 171a Rz. 17, Stand: März 2010).