Rz. 7
Die Versicherungspflicht der Rentner setzt nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 bis 12 dem Grunde nach voraus, dass neben der Erfüllung der Vorversicherungszeit und anderer Voraussetzungen der dortigen Versicherungspflichten auch die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch erfüllt sein müssen und der Rentenantrag gestellt ist. Der Mitgliedschaftsbeginn für diese Pflichtversicherung ist dagegen in § 186 Abs. 9 bereits auf den Tag der Rentenantragstellung vorgezogen. Auf die Frage, ob der Rentenantrag materiell-rechtliche Voraussetzung für den Rentenanspruch ist, so jetzt § 99 SGB VI, oder, wie nach früherem Recht (vgl. BSG, Urteil v. 23.6.1994, 4 RA 70/93, SozR 3-2600 § 300 Nr. 3), lediglich verfahrensauslösende Wirkung hat, kommt es dabei nicht an. Der Rentenantrag als solcher bestimmt auch den zeitlichen Rahmen für die erforderlichen Vorversicherungszeiten, dies selbst dann, wenn danach noch weitere Versicherungszeiten zurückgelegt werden (BSG, Urteil v. 4.6.2009, B 12 KR 26/07 R, BSGE 103 S. 235). Die Krankenkasse kann dabei lediglich die Erfüllung der Vorversicherungszeit für die KVdR im Zeitpunkt einer Rentantragstellung und ggf. Ausschlussgründe für die KVdR feststellen (z. B. vorrangige Versicherungspflichten, die Wohnsitznahme i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 12, vgl. dazu BSG, Urteil v. 29.9.1994, 12 RK 86/92, SozR 3-2500 § 5 Nr. 18). Einen materiell-rechtlichen Rentenanspruch und dessen Beginn hat aber allein der Rentenversicherungsträger festzustellen. Um die Frage des Krankenversicherungsschutzes während der Zeit des Rentenantragsverfahrens auch dann sicherzustellen, wenn ein Rentenanspruch im Ergebnis nicht besteht, wird für diese Zeit eine Pflichtversicherung als Rentenantragsteller fingiert.
Rz. 8
Für die Zeit bis zum Beginn der Rente bzw. der Feststellung des Rentenversicherungsträgers, dass kein oder noch kein Rentenanspruch besteht, kommt es daher durch § 189 zu einer fingierten Pflichtmitgliedschaft ohne den eigentlichen vollständigen Tatbestand der Versicherungspflicht, der gerade auch einen Rentenanspruch erfordert. Um zu verhindern, dass diese Rentenantragsteller nach der Ablehnung des Rentenantrags geltend machen könnten, dass keine wirkliche (nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 bis 12 vollständige) Versicherungspflicht und auch keine freiwillige Versicherung bestanden habe und die Beiträge seien zu Unrecht entrichtet, fingiert § 189 Abs. 1 Satz 1 diese Personen daher als Pflichtmitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung. Dabei handelt es sich, da § 186 insgesamt den Beginn für die verschiedenen Versicherungspflichten regelt, im Ergebnis um die Fiktion einer Versicherungspflicht nach § 11 Nr. 1 Nr. 11 bis 12, bei der (nur) kein Rentenbezug vorliegt. Die früher nach der RVO bestehende Möglichkeit, den Beginn der Mitgliedschaft in der KVdR (durch den Antrag auf Rente nach § 306 Abs. 2 RVO = § 186 Abs. 9) auf den Beginn der Rente zu verschieben (§ 315b RVO) und damit die Rentenantragstellermitgliedschaft zu vermeiden, war in das SGB V nicht übernommen worden.
Rz. 9
Ungeachtet dieser lediglich rechtstechnischen Hilfskonstruktion wird die Mitgliedschaft als Rentenantragsteller nach der Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil v. 31.1.1980, 8a/3 RK 23/77, BSGE 49 S. 253) und dem SGB V (ebenso wie nach der RVO) als Versicherung sui generis (Versicherung besonderer Art) – Formalversicherung – behandelt. Sie ent- und besteht daher auch dann, wenn die Rente ausdrücklich erst für einen späteren Zeitpunkt beantragt wird (z. B. bei einem vorzeitigen Rentenantrag bei Altersrenten) und daher auch feststeht, dass ab Rentenantrag noch kein Rentenanspruch besteht. Obwohl die Beiträge nach der Satzung bzw. jetzt nach den Regelungen des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen entsprechend wie für freiwillig Versicherte zu regeln sind (vgl. § 239 Satz 3 und die Komm. dort), handelt es sich nicht um eine freiwillige Mitgliedschaft, sondern um eine fingierte Pflichtmitgliedschaft, die ihrerseits eine Familienversicherung vermitteln kann. Durch diese (fingierte) Pflichtmitgliedschaft wird daher auch eine freiwillige Mitgliedschaft ausgeschlossen (§ 191 Nr. 2), soweit die freiwillige Mitgliedschaft nicht auf Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 beruht. Da eine Pflichtversicherung besteht, ist nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 auch eine Familienversicherung ausgeschlossen; soweit es sich nicht um Waisenrentner handelt, für die ungeachtet von § 10 Abs. 1 Nr. 2 eine Familienversicherung bestehen kann (§ 5 Abs. 1 Nr. 11b). In diesen Fällen kann aber für die Zeit des Rentenantragsverfahrens Beitragsfreiheit nach § 225 Nr. 3 bestehen.
Rz. 10
Auch vor dem Hintergrund der Regelungen in § 188 Abs. 4 Satz 1 (obligatorische Weiterversicherung) und § 5 Abs. 1 Nr. 13 (Auffang-Versicherungspflicht) ist die Regelung des § 189 nicht überflüssig (wie Ulmer, in: Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2. Aufl., § 189 Rz. 1 annimmt). Die Regelung betrifft nämlich nur begrenzt den typischen Fall des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben mit Übergang in die Rente und damit die Herstellung der ...