Rz. 23
Die Regelung des § 248 war und ist insoweit "unvollständig", als sie für Versorgungsbezüge (und Arbeitseinkommen) nur auf den allgemeinen Beitragssatz nach § 241 verweist, nicht jedoch den krankenkassenindividuellen Zusatzbeitragssatz nach § 242 ausdrücklich in die Regelung über Beitragssätze für Versorgungsbezüge einbezieht, wie dies zuvor durch den Verweis auf den zusätzlichen Beitragssatz nach § 241a geschehen war. Der Zusatzbeitrag ist einkommensabhängig als in der Satzung festzulegender Prozentsatz der beitragspflichtigen Einnahmen jedes Mitglieds zu erheben (krankenkassenindividueller Zusatzbeitragssatz). Die tatsächliche Einführung eines solchen kassenindividuellen Zusatzbeitragssatzes durch (fast) alle Krankenkassen war dadurch vorprogrammiert, als der gesetzliche allgemeine Beitragssatz des § 241 zum 1.1.2015 um 0,9 Beitragssatzpunkte auf 14,6 % abgesenkt und die Regelung über den zusätzlichen Beitragssatz nach § 241a aufgehoben wurde.
Rz. 24
Soweit eine Krankenkasse einen kassenindividuellen Zusatzbeitragssatz in der Satzung vorsieht (§ 194 Abs. 1 Nr. 4), sind die Beiträge daraus jedoch Bestandteil des Krankenversicherungsbeitrags, wie sich aus § 220 Abs. 1 ergibt. Die sich daraus ergebenden Beiträge entstehen kraft Gesetzes, auch soweit sie sich aus dem Zahlbetrag der Versorgungsbezüge ergeben. Auf die Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen war und ist daher (wie bei anderen beitragspflichtigen Einnahmen) zusätzlich zum allgemeinen gesetzlichen Beitragssatz auch der krankenkassenindividuelle Zusatzbeitragssatz anzuwenden, den die Krankenkasse in der Satzung festzulegen hat. Dies gilt für Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen auch in den Fällen, in denen ansonsten nach § 242 Abs. 3 Satz 1 für bestimmte Mitglieder der durchschnittliche allgemeine Beitragssatz nach § 242a anzuwenden wäre, denn diese Regelung betrifft nur die mit der Mitgliedschaft verbundenen typischen beitragspflichtigen Einnahmen. § 242 Abs. 3 Satz 2 sieht dagegen vor, dass auf weitere beitragspflichtige Einnahmen, zu denen gerade die Versorgungsbezüge, Arbeitseinkommen und auch Renten gehören, der krankenkassenindividuelle Zusatzbeitragssatz nach § 242 Abs. 1 Anwendung findet.
Rz. 25
Durch die Änderung des Satzes 2 durch das GKV-Versichertenentlastungsgesetz (GKV-VEG) v. 11.12.2018 (BGBl. I S. 2387) zum 1.1.2019 wird die Geltung des krankenkassenindividuellen Zusatzbeitragssatzes auf Versorgungsbezüge nur mittelbar dadurch bestätigt, als dort ausdrücklich die Anwendung nur der Hälfte des krankenkassenindividuellen Zusatzbeitragssatzes auf Versorgungsbezüge nach § 229 Abs. 1 Nr. 4 (Renten und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte [AdL]) geregelt wird. Eine Halbierung für beitragspflichtiges Arbeitseinkommen ist nicht vorgesehen. Nach § 39 Abs. 2 Satz 4 KVLG 1989 (i. d. F. des GKV-VEG) ist für die in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung Versicherten dagegen die Hälfte des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes des § 242a maßgeblich. Die die Krankenversicherung nach dem KVLG 1989 durchführende Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) als bundesunmittelbarer Träger der Sozialversicherung war und ist nicht ermächtigt und befugt, einen eigenen Zusatzbeitragssatz zu bestimmen.
Rz. 26
Der seit dem 1.1.2015 geltende Satz 3 regelt den Geltungsbeginn von Veränderungen des krankenkassenindividuellen Zusatzbeitragssatzes nach § 242. Maßgeblich ist danach nicht der Zeitpunkt, ab dem der krankenkassenindividuelle Zusatzbeitragssatz gilt, sondern die Veränderungen gelten erst vom ersten Tag des zweiten auf die Veränderung folgenden Kalendermonats an (eine zum 1.6. geltende Änderung gilt daher erst ab 1.8.). Diese zeitversetzte Anwendung gilt sowohl im Falle der Erhöhung als auch der Herabsetzungen des Zusatzbeitragssatzes, aber auch im Falle der (erstmaligen) Einführung eines Zusatzbeitragssatzes oder dessen Abschaffung (so auch Böttiger, in: Krauskopf, SozKV SGB V, § 248 Rz. 12, Stand: November 2018). Ab wann der Zusatzbeitragssatz oder dessen Änderung gilt, bestimmt sich nach der Satzungsregelung gemäß § 194 Abs. 1 Nr. 4.
Rz. 27
Die Verschiebung des Geltungsbeginns einer Zusatzbeitragssatzänderung sollte dazu dienen, diese Veränderung beim Beitragseinbehalt technisch umzusetzen. Die Regelung des Satzes 3 war im Gesetzentwurf zum GKV–FQWG (BT-Drs. 18/1307 S. 14, Begründung S. 55) zunächst nur für die Versorgungsbezüge nach § 229 Abs. 1 Nr. 4 und die Landwirtschaftliche Alterskasse als Zahlstelle von Versorgungsbezügen vorgesehen. Im Verlauf des Gesetzgebungsverfahren war sie jedoch auf alle Versorgungsbezüge nach § 229 Abs. 1 ausgeweitet worden. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 13/1657 S. 68) sollte diese Verschiebung generell für Zahlstellen von Versorgungsbezügen gelten, da auch für diese eine Vorlaufzeit benötigt werde, um Beitragssatzveränderungen technisch umzusetzen.
Rz. 28
Für die zeitversetzte Geltung von Veränderungen des Zusatzbeitragssatzes nach dem GKV–FQWG...