0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 24b wurde durch das Schwangeren- und Familienhilfegesetz v. 27.7.1992 (BGBl. I S. 1398) – ab 1.10.1995 durch Gesetz v. 21.8.1995 Gesetz zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten (Schwangerschaftskonfliktgesetz – SchKG) – eingefügt und ist am 5.8.1992 in Kraft getreten. Die Abs. 3 und 4 wurden durch das Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz v. 21.8.1995 (BGBl. I S. 1050) angefügt und sind ab 1.10.1995 in Kraft. Das GKV-Gesundheitsstrukturgesetz v. 22.12.1999 (BGBl. I S. 2626) erweiterte Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 mit Wirkung zum 1.1.2000 hinsichtlich der einen Schwangerschaftsabbruch herbeiführenden Medikation.
Das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) v. 14.11.2003 (BGBl. I S. 2190) hat zum 1.1.2004 Abs. 1 und 2 geändert. Die Wörter "nicht rechtswidrige" vor dem Wort Sterilisation sind jeweils durch die Wörter "durch Krankheit erforderliche" ersetzt worden. Dadurch sind die Leistungen bei einer nicht rechtswidrigen Sterilisation aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gestrichen worden.
Art. 1 Nr. 3c des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz – GKV-VStG) v. 22.12.2011 (BGBl. I S. 2983) hat in Abs. 4 Satz 3 geändert. Die Wörter "den allgemeinen Pflegesatz" sind durch die Wörter "die mittleren Kosten der Leistungen nach den Sätzen 1 und 2" ersetzt worden. Ferner ist der Satz 4 angefügt worden. Die Änderungen sind am 1.1.2012 in Kraft getreten.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Leistungen bei Schwangerschaftsabbruch und bei Sterilisation wurden durch das Strafrechtsreform-ÄndG v. 28.8.1975 in den Leistungskatalog aufgenommen. Vorläufer der heutigen Vorschrift war § 200f RVO, der beim Schwangerschaftsabbruch der Indikationsregelung folgte. Im Zuge der Wiedervereinigung mussten die unterschiedlichen Strafbestimmungen, die im Zusammenhang mit dem Schwangerschaftsabbruch bestanden (Indikations-/Fristenregelung), vereinheitlicht werden. Dies erfolgte zunächst durch das Schwangeren- und Familienhilfegesetz v. 27.7.1992. Dieses Gesetz war grundsätzlich – nach Maßgabe der Urteilsgründe – mit dem GG vereinbar (BVerfG, Urteil v. 28.5.1993, 2 BvF 2/90, 2 BvF 4/90, 2 BvF 5/92). Jedoch ließ § 24b keine Auslegung zu, die eine Leistungspflicht in gleicher Weise wie bei nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbrüchen begründete, wenn sich die verfassungsrechtliche Rechtmäßigkeit des Schwangerschaftsabbruchs nicht feststellen ließ.
Mit dem Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz v. 21.8.1995 kam der Gesetzgeber ausdrücklich den verfassungsrechtlichen Vorgaben des BVerfG nach (BT-Drs. 13/1850 S. 3). Klarzustellen bleibt, dass die Leistungen nach § 24a und § 24b keine Krankenbehandlung i. S. d. §§ 27ff. sind, da eine normal verlaufende Schwangerschaft kein regelwidriger Zustand i. S. d. Krankheitsbegriffs ist.
Die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Empfängnisregelung und zum Schwangerschaftsabbruch (vormals: Sonstige Hilfen-Richtlinien) i. d. F. v. 10.12.1985 (BAnz. Nr. 60a v. 27.3.1986), zuletzt geändert am 20.6.2019 (https://www.g-ba.de/downloads/62-492-1883/ESA-RL_2019-06-20_iK_2019-07-20.pdf) dient der Sicherung einer nach den Regeln der ärztlichen Kunst und unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen ärztlichen Betreuung der Versicherten im Rahmen der Empfängnisregelung/Empfängnisverhütung, der Sterilisation und des Schwangerschaftsabbruchs.
2 Rechtspraxis
2.1 Anspruchsvoraussetzungen
2.1.1 Versicherte
Rz. 3
Nur Versicherte haben Anspruch auf die Leistungen. Der Anspruch auf Sterilisation besteht für Frauen und Männer. Eine geschlechtsspezifische Einschränkung lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Die Versicherung muss im Zeitpunkt der Leistungserbringung bestehen, nicht ausreichend ist z. B., dass die Schwangerschaft während der Versicherung eingetreten ist. § 19 gilt.
2.1.2 Rechtszustand bis 31.12.2003: Nicht rechtswidrige Sterilisation
Rz. 4
Bis zum Inkrafttreten der Änderungen des § 24b durch das GMG zum 1.1.2004 war auch die nicht rechtswidrige Sterilisation Leistungsinhalt der gesetzlichen Krankenversicherung.
Nicht rechtswidrig war eine Sterilisation, wenn eine wirksame Einwilligung in die Maßnahme vorlag und insoweit ein Verstoß gegen die guten Sitten (§ 226a StGB) nicht in Betracht kam. Dies setzte in aller Regel eine ärztliche Aufklärung über die Tragweite des Eingriffs voraus.
Das GMG hat Leistungen bei einer nicht rechtswidrigen Sterilisation aus dem Leistungskatalog gestrichen und damit insoweit den Anwendungsbereich der Norm stark eingeschränkt. Der Gesetzgeber war der Auffassung, dass derartige Leistungen in erster Linie zur persönlichen Lebensplanung des Versicherten gehören. Sie sollen daher ausschließlich auf der eigenverantwortlichen Entscheidung des Versicherten zur Finanzierung dieser Leistung beruhen (Gesetzesbegründung, BT-Drs. 15/1525 S. 82).
2.1.3 Rechtszustand ab 1.1.2004: Durch Krankheit erforderliche Sterilisation
Rz. 5
Voraussetzung ist ab 1.1.2004 nunmehr, dass eine Krankheit die Sterilisation erforderlich macht. Die Sterilisation ist die operative Unterbindung der Eileiter bei der Frau und der ...