Rz. 6
Nach § 24f Abs. 1 Satz 1 und 3 hat eine Versicherte zulasten ihrer Krankenkasse einen Anspruch auf Entbindung in stationärer Form. Knapp 90 % der Frauen nehmen für die Geburt Ihres Kindes diese Form in Anspruch.
Charakteristisch für eine stationäre Entbindung ist im Verhältnis zur ambulanten Entbindung die Gewährung von Unterkunft, Pflege und Verpflegung
- in einem zum Zwecke der Entbindung aufgesuchten Krankenhaus (§§ 107, 108) oder
- in einer anderen stationären Vertragseinrichtung, in der Geburtshilfe geleistet wird.
Die werdende bzw. junge Mutter kann eigenständig entscheiden, ob sie bei der Entbindung eine stationäre oder ambulante Form wählt; die Krankenkasse kann ihr die Form nicht vorschreiben. Allerdings muss es sich bei dem Krankenhaus bzw. bei der Einrichtung, die stationäre Entbindungen durchführt, um eine Vertragseinrichtung (z. B. i. S. d. §§ 107, 108) handeln.
Nimmt die Versicherte ohne zwingenden Grund nicht eine der nächst erreichbaren stationären Vertragseinrichtungen in Anspruch, hat sie evtl. entstehende Mehrkosten (z. B. Transport bzw. Fahrkosten für die weitere Wegstrecke) ganz oder teilweise selbst zu tragen (vgl. § 24f Satz 5 i. V. m. § 39 Abs. 2; vgl. auch Rz. 29).
Rz. 7
Für die Inanspruchnahme von stationärer Entbindung ist keine ärztliche Einweisung notwendig. Die Krankenhäuser bzw. sonstigen Vertragseinrichtungen verlangen aber in der Praxis – von Notfällen abgesehen – neben der elektronischen Gesundheitskarte (§ 15) die Vorlage des Mutterpasses. In diesem wurde vom Arzt oder der Hebamme der voraussichtliche Tag der Entbindung eingetragen.
Rz. 8
Der Charakter der stationären Entbindung bleibt unabhängig davon erhalten, ob es sich
- um eine unkomplizierte Entbindung ohne Krankheitswert oder
- aufgrund einer "Regelwidrigkeit" bei der Entbindung zugleich auch um die Behandlung einer Krankheit
handelt. Denn der Anspruch auf stationäre Entbindung nach den Vorschriften der §§ 24c ff. nimmt eine solche Unterscheidung nicht vor und schließt bei gleichzeitigem Krankheitswert wegen der Entbindung (z. B. Kaiserschnitt) oder wegen einer parallel bestehenden Erkrankung einen gleichzeitig bestehenden Krankenhausbehandlungsanspruch nach § 39 aus. Das bedeutet zugleich: Für die Zeit der stationären Entbindung ist der Anspruch auf Krankenhausbehandlung, der zur Zuzahlungspflicht der Versicherten nach § 39 Abs. 4 führen kann, ausgeschlossen bzw. unterbrochen (§ 24f Satz 4; vgl. auch BSG, Urteil v. 18.6.2014, B 3 KR 10/13 R).
Rz. 9
Es handelt sich auch dann noch um eine "stationäre Entbindung" i. S. d. § 24f, wenn eine Frau kurz nach einer Spontangeburt (z. B. Geburt auf dem Weg zum Krankenhaus) stationär aufgenommen und im Krankenhaus oder in der Einrichtung nachversorgt wird.
Gleiches gilt,
- wenn bei einer ambulanten Entbindung oder bei einer Entbindung in einer anderen stationären Vertragseinrichtung Komplikationen auftreten, sodass es zur stationären Aufnahme zum Zwecke der Entbindung bzw. zur Beendigung des Entbindungsvorgangs kommt,
- wenn sich eine Frau bereits in Krankenhausbehandlung befindet und – z. B. wegen der Schwere der Erkrankung – nach der Entbindung nicht auf die Entbindungsstation verlegt wird oder
- wenn die Frau nach der Entbindung von der Entbindungsstation auf eine andere Station des Krankenhauses verlegt wird
(Abschnitt 5 des Gemeinsamen Rundschreibens, Fundstelle Rz. 30).
Rz. 10
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob ein nur stundenweiser Aufenthalt im Krankenhaus aus Anlass der Entbindung als "stationäre Entbindung" oder als ambulante Entbindung/Notfallversorgung zu werten ist. In der Vergangenheit galt der Grundsatz, dass ein Aufenthalt von mindestens 24 Stunden als stationäre Entbindung i. S. d. § 24f anzusehen war. Das LSG Hamburg hat aber mit 2 Urteilen v. 19.12.2019 (L 1 KR 62/18 und L 1 KR 43/18) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Abstellen auf eine Aufenthaltsdauer von mindestens einem Tag und einer Nacht weniger geeignet sei. Wenn die Versicherte mindestens einen Tag und eine Nacht in der Einrichtung bleibe, spreche vieles für eine vollständige Eingliederung in den "Krankenhausbetrieb" und damit für das Vorliegen einer stationären Versorgungsform. Erfolgt aber der Aufenthalt für einen kürzeren Zeitraum (z. B. 6 Stunden), folge daraus aber nicht im Gegenschluss, dass es sich nur um eine ambulante Versorgungsform handeln könne. Entscheidend sei vielmehr das Indiz, ob die Versicherte die Infrastruktur des Krankenhauses – also neben der typischen intensiven ärztlichen Betreuung die Hilfe von jederzeit verfügbarem Pflegepersonal (z. B. Einsatzbereitschaft eines jederzeit rufbereiten Anästhesisten/OP-Teams, Kinderkrankenschwester, Facharzt und Labor in vorgegebenen Zeiten) in Anspruch genommen habe.
Rz. 11
Befindet sich eine Frau zulasten des Rentenversicherungsträgers in stationärer medizinischer Rehabilitation und wird die Frau während dieser Zeit von einem Kind entbunden, gilt die Vereinbarung zur Leistungsabgrenzung nach § 13 Abs. 4 SGB VI v. 21.1.1993 (Text: vgl. Komm...