2.2.1 Personenkreis (Satz 1)
Rz. 18
Die Norm betrifft Empfänger von
- Leistungen nach dem 3. bis 9. Kapitel SGB XII,
- Leistungen nach Teil 2 SGB IX (ab 1.1.2020),
- laufenden Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes und
- Krankenhilfeleistungen nach dem SGB VIII.
Rz. 19
Für diese Personenkreise wird die Krankenbehandlung durch die Krankenkasse aufgrund eines gesetzlichen Auftrags (BSG, Urteil v. 28.9.2010, B 1 KR 4/10 R m. w. N.) übernommen, wenn sie nicht selbst aufgrund von Versicherungspflicht (§ 5), Versicherungsberechtigung (§ 9) oder einer Familienversicherung (§ 10) krankenversichert sind.
Rz. 20
Der gesetzliche Auftrag beschränkt sich auf die Leistungsgewährung und umfasst nicht die Verfolgung von Ersatzansprüchen gegenüber Drittschädigern. Diese sind auf den Leistungsträger übergegangen und von ihm geltend zu machen (§ 116 SGB X).
Rz. 21
Auftraggeber sind die Träger der Sozialhilfe (Kreise, kreisfreie Städte, überörtliche Träger der Sozialhilfe), die Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Kreise, kreisfreie Städte, zuständige Stellen nach Landesrecht) oder die nach Landesrecht zuständigen Behörden für die Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Rz. 22
Es handelt sich nur um eine leistungsrechtliche Gleichstellung mit gesetzlich krankenversicherten Personen (BT-Drs. 15/1525). Ein Versicherungsverhältnis entsteht durch den gesetzlichen Auftrag nicht.
Rz. 23
Die Krankenbehandlung in diesem Sinne umfasst den Anspruch auf Leistungen
- bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§§ 24 c bis 24i),
- zur Verhütung von Krankheiten und von deren Verschlimmerung sowie zur Empfängnisverhütung, bei Sterilisation und bei Schwangerschaftsabbruch (§§ 20 bis 24b),
- zur Früherkennung von Krankheiten (§§ 25 und 26) und
- zur Behandlung einer Krankheit (§§ 27 bis 52a),
- zur Versorgung mit Zahnersatz (§ 55),
- aufgrund von Fahrkosten (§ 60)
- einschließlich der in der Satzung vorgesehenen Mehrleistungen.
Rz. 24
Leistungsträger erbringen Hilfen zur Gesundheit entsprechend den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 52 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Soweit die Satzung einer Krankenkasse Mehrleistungen vorsieht, entscheidet der Träger der Sozialhilfe über Umfang und Inhalt der Hilfen nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 52 Abs. 1 Satz 2 SGB XII). Dieser Vorbehalt schränkt die Entscheidungsbefugnis der Krankenkasse ein (BSG, Urteil v. 28.9.2010, B 1 KR 4/10 R).
Rz. 25
Die Regelungen über Zuzahlungen sind zu beachten (§§ 61, 62). Anspruch auf Krankengeld (§§ 44 bis 51) oder Mutterschaftsgeld (§ 24 i) besteht nicht.
2.2.2 Ausgeschlossene Personen (Satz 2)
Rz. 26
Vom Leistungsanspruch ausgeschlossen sind
- Leistungsempfänger, die voraussichtlich nicht mindestens einen Monat ununterbrochen Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen,
- Personen, die ausschließlich Fach- und Schuldnerberatung nach dem SGB XII erhalten (§ 11 Abs. 5 Satz 3 SGB XII),
- Personen, deren Aufwendungen für eine Alterssicherung oder ein Sterbegeld übernommen werden (§ 33 SGB XII), sowie
- Deutsche, die sich gewöhnlich im Ausland aufhalten (§ 24 SGB XII).
Leistungsempfänger, die voraussichtlich nicht mindestens einen Monat ununterbrochen Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen, sind lediglich aus Gründen der Praktikabilität von der Leistungsgewährung durch die Krankenkasse ausgenommen (BT-Drs. 15/1525).
2.2.3 Rechtsschutz
Rz. 27
Die Leistungen sind bei der Krankenkasse zu beantragen (§ 19 Satz 1 SGB IV). Diese entscheidet über den Leistungsantrag durch einen Verwaltungsakt (§ 31 SGB X; BSG, Urteil v. 17.6.2008, B 1 KR 30/07 R). Die Krankenkasse führt aufgrund eines Widerspruchs gegen ihre Entscheidung ein Abhilfeverfahren durch (§ 90 Satz 1 SGB X, § 85 Abs. 1 SGG). Wenn sie dem Widerspruch nicht oder nicht vollständig abhelfen kann, dann gibt sie diesen an die für den Auftraggeber zuständige Widerspruchsstelle ab (§ 90 Satz 2 SGB X). Eine Klage ist gegen den zuständigen Leistungsträger (Auftraggeber der Krankenkasse, Rz. 19) zu richten.