Rz. 65
Da der Ausfall der Arbeitskraft beim Spender nicht auf dessen Krankheit beruht und die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers infolge einer Organ-, Organteil-, Blut- oder Gewebespende von diesem bewusst in Kauf genommen wird, kann § 3 EFZG zur Begründung einer maximal 6-wöchigen Entgeltfortzahlung nicht greifen. Deshalb bedurfte es einer besonderen Regelung, die in § 3a Abs. 1 EFZG ihre Rechtsgrundlage gefunden hat. Danach hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegenüber dem Arbeitgeber, wenn der Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge
an seiner Arbeitsleistung verhindert wird. Die Arbeitsverhinderung infolge einer Organspende steht somit aus Sicht der Entgeltfortzahlung einer "unverschuldeten Arbeitsunfähigkeit" gleich.
Der Anspruch besteht für die Dauer von maximal 42 Tage (= 6 Wochen).
Dem Arbeitgeber sind von der Krankenkasse des Spendenempfängers
- das an den Arbeitnehmer fortgezahlte Arbeitsentgelt sowie
- die hierauf entfallenden, vom Arbeitgeber zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur betrieblichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung
auf Antrag zu erstatten (vgl. § 3a Abs. 2 EFZG; vgl. Rz. 69 ff.).
Rz. 66
Muss der Arbeitnehmer mehrfach in zeitlicher Folge wegen spendenbedingter Arbeitsunfähigkeit seine Arbeit unterbrechen, können die spendenbedingten Vorerkrankungen auf die Höchstanspruchsdauer von 42 Tagen angerechnet werden. In diesem Fall gelten aber dieselben Anrechnungsregelungen wie bei § 3 Abs. 1 Satz 2 EFZG (§ 3a Abs. 1 Satz 2 EFZG). Somit kann der Arbeitgeber die Tage der spendenbedingten Arbeitsunfähigkeitszeiten bei der Ermittlung der Entgeltfortzahlungs-Höchstanspruchsdauer zusammenrechnen, wenn zwischen den jeweiligen, spendenbedingten Arbeitsunfähigkeitszeiten nicht mindestens 6 Monate liegen. Kann der Arbeitgeber die in der Vergangenheit liegenden spendenbedingten Arbeitsunfähigkeitszeiten auf die Höchstanspruchsdauer anrechnen (weil zwischen den spendenbedingten Arbeitsunfähigkeiten jeweils nicht mindestens 6 Monate lagen), entsteht dennoch immer dann ein neuer Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die Dauer von 42 Kalendertagen, wenn – ausgehend von dem erstmaligen spendenbedingten Arbeitsausfall – (jeweils) ein neuer Jahreszeitraum begonnen hat.
Zeiten der Entgeltfortzahlung nach § 3 und § 3a EFZG können nicht zusammengerechnet werden, weil die Zeiten nicht durch dieselbe "Krankheit" verursacht werden.
Rz. 67
Die Fortzahlung des Arbeitsentgelts gemäß § 3a EFZG lässt den Anspruch auf das Spender-Krankengeld ruhen. Bezüglich der Einzelheiten (z. B. teilweise weitergewährtes Arbeitsentgelt) wird auf die Kommentierung zu § 49 verwiesen.
Zu berücksichtigen ist, dass auch weitergezahltes, nicht beitragspflichtiges Arbeitsentgelt auf die Höhe des Spender-Krankengeldes anzurechnen ist. Die Spitzenverbände der Krankenkassen begründen ihre Auffassung wie folgt (vgl. Abschnitt 9.6 Abs. 3 des GR v. 25.9.2015 – Stand v. 7.9.2022 – zu den leistungsrechtlichen Ansprüchen bei einer Spende von Organen, Geweben oder Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen; Fundstelle Rz. 82):
Zitat
Die Ruhensregelung des § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zum Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen ist auch für nicht beitragspflichtige Einnahmen von Spendern anzuwenden. Hintergrund ist, dass insbesondere privat krankenversicherte Spender keine beitragspflichtigen Einnahmen beziehen. Der Intention des Gesetzgebers folgend sollen Spender durch die Erstattung des Verdienstausfalls so gestellt werden, wie sie gestanden hätten, wenn eine Spende nicht erfolgt wäre; eine Besserstellung des Spenders muss daher durch die Erweiterung der Ruhensregelung vermieden werden. …
Von dem Grundsatz, dass sich der Spender durch das Spender-Krankengeld nicht besser stellen soll, gibt es eine (Geringfügigkeits-)Ausnahme. Nach § 23c Abs. 1 S. 1 SGB IV gelten Zuschüsse des Arbeitgebers zum Krankengeld, nicht als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt, wenn die arbeitgeberseitigen Leistungen zusammen mit dem Krankengeld das Nettoarbeitsentgelt nicht um mehr als 50,00 EUR im Monat übersteigen. Dieses gilt auch beim Spender-Krankengeld. Sobald die monatliche 50,00 EUR-Grenze überschritten wird, wird die volle Arbeitgeberleistung auf das Spender-Krankengeld angerechnet. Zu den arbeitgeberseitigen Leistungen gehören insbesondere Zuschüsse zur Entgeltersatzleistung, vermögenswirksame Leistungen, Sachbezüge (z. B. Verpflegung, Unterkunft, Dienstwagen, Dienstwohnung), Firmen- und Belegschaftsrabatte, Kontoführungsgebühren, Zinsersparnisse aus verbilligten Arbeitgeberdarlehen und Telefonzuschüsse.