Rz. 37
Die Krankenversicherungspflicht der Bezieher von Arbeitslosengeld (ALG), Arbeitslosenhilfe oder Unterhaltsgeld nach dem SGB III war mit dem AFRG seit dem 1.1.1998 in das SGB V eingefügt worden. Zuvor war die Krankenversicherungspflicht in §§ 155 bis 164 AFG enthalten, auf die § 5 Abs. 1 Nr. 2 verwies. Wesentliche Änderungen sind damit jedoch nicht vorgenommen worden, sodass weitgehend auch auf die bisherige Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann.
Rz. 38
Mit dem Wegfall der Arbeitslosenhilfe und der Ersetzung durch das Arbeitslosengeld (ALG) II ist die Versicherungspflicht der Bezieher von ALG II (seit 1.1.2023 Bürgergeld) eigenständig in Abs. 1 Nr. 2a geregelt worden.
Rz. 39
Die Krankenversicherungspflicht der Arbeitslosen (KVdA) setzt ab dem 1.1.2005 grundsätzlich den Bezug von ALG (§§ 136 ff. SGB III) voraus. Der in der Vorschrift noch genannte Bezug von Unterhaltsgeld war nur noch für die Übergangs- und Bestandsfälle des bis 31.3.2012 geltenden § 434j Abs. 10 SGB III (Unterhaltsgeld nach vorheriger Arbeitslosenhilfe) von Bedeutung, da es Unterhaltsgeld ab 1.1.2005 als eigenständige Leistung nicht mehr gibt und nunmehr auch bei beruflicher Fortbildung ALG gezahlt wird (vgl. §§ 136, 144 SGB III und Komm. dort). Andere Leistungen der Bundesagentur für Arbeit begründen keine Krankenversicherungspflicht in der KVdA. Insbesondere kann nunmehr auch Teilarbeitslosengeld (§ 162 SGB III) gezahlt werden, sodass daneben noch krankenversicherungspflichtige Beschäftigungen ausgeübt werden oder andere Versicherungsverhältnisse und Versicherungspflichten bestehen können, wofür auch das Fehlen einer Ausschluss- oder Rangfolgeregelung in Abs. 6 bis 8 spricht (so auch Dalichau, SGB V, § 5 Nr. 2, Stand: November 2015; K. Peters, in: KassKomm. SGB V, § 5 Rz. 54, Stand: September 2015; a. A. wohl Wiegand, in: Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2. Aufl., § 5 Rz. 25; Baier, in: Krauskopf SozKV, SGB V, § 5 Rz. 15, Stand: Dezember 2015; vgl. auch zum Nebeneinander der Versicherungspflichten nach Abs. 1 Nr. 2a und Nr. 3 BSG, Urteil v. 27.6.2012, B 12 KR 17/10 R). Kurzarbeitergeld kann eine Versicherungspflicht nicht begründen, sondern lediglich die Mitgliedschaft als versicherungspflichtig Beschäftigter trotz tatsächlicher Nichtbeschäftigung und bei Wegfall des Arbeitsentgeltes erhalten (vgl. Komm. zu § 192). (Bei nicht versicherungspflichtig versicherungsfreien Beschäftigten entsteht dadurch ein besonders geregelter Anspruch auf Beitragszuschuss, vgl. Komm. zu § 257.)
Rz. 40
Da Leistungen wegen Arbeitslosigkeit nur auf Antrag und persönliche Meldung hin erbracht werden (§ 137 SGB III), kann die KVdA frühestens mit der Meldung beim Arbeitsamt entstehen. Tatsächliche Arbeitslosigkeit allein begründet keine KVdA, selbst wenn unzweifelhaft auch ein Anspruch auf ALG nach dem Gesetz besteht. Unter Bezug der Leistungen als Krankenversicherungspflicht auslösender Tatbestand ist zunächst einmal die tatsächliche Zahlung zu verstehen (BSG, Urteil v. 15.11.1984, 3 RK 21/83 m. w. N.). Dabei kommt es nicht darauf an, ob dieser Bezug rechtmäßig ist oder war bzw. ihm überhaupt ein Bewilligungsbescheid zugrunde liegt. Selbst wenn der sich arbeitslos Meldende arbeitsunfähig und damit mangels Verfügbarkeit nicht anspruchsberechtigt war, steht dies der Versicherungspflicht aufgrund der tatsächlichen Zahlung von ALG nicht entgegen (BSG, Urteil v. 21.9.1983, 8 RK 24/82 – keine Anwendung der Grundsätze des missglückten Arbeitsversuchs).
Rz. 41
Da die genannten Leistungen nach § 337 Abs. 2 SGB III jedoch erst monatlich nachträglich und damit rückwirkend gezahlt werden, ist nicht erst der tatsächliche Auszahlungstag für den Beginn der KVdA maßgeblich, sondern der Beginn des Zeitraumes, ab und für den gezahlt wird (vgl. Komm. zu § 186). Soweit wegen unklarer Höhe die Leistung als Vorschuss gezahlt wird (§ 42 SGB I), ist auch dies als Bezug ausreichend. Auf die Höhe der Leistung kommt es für die Versicherungspflicht selbst nicht an. Kommt es infolge Aufrechnung, Abtretung, Pfändung, Abzweigung etc. nicht zu einer tatsächlichen Auszahlung an den Arbeitslosen, sondern an Dritte, ist auch dies als Bezug der Leistung anzusehen. Bezug der Leistung liegt auch bei Leistungsfortzahlung nach § 146 SGB III bei Arbeitsunfähigkeit, Krankenhausbehandlung etc. oder wegen nach ärztlichem Zeugnis erforderlicher Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege eines erkrankten Kindes vor. Arbeitslose können jedoch keinen "Erziehungsurlaub" mit der Folge einer nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 erhaltenen Mitgliedschaft geltend machen (BSG, Urteil v. 17.6.1999, B 12 KR 22/98 R).
Rz. 42
Leistungen werden mit einem Bescheid bewilligt, vor dem im Regelfall auch keine Zahlung erfolgt. Die Bewilligung der Leistung durch das Arbeitsamt hat für die Pflichtmitgliedschaft daher noch keine rechtliche Bedeutung. Tatbestandswirkung hat erst die Zahlung, ohne diese kann die Krankenkasse auch keine Pflichtversicherung durchführen. Zu weitgehend, allerdings vor dem Hintergrund der Sicherung von Krankenversicherun...