Rz. 133
Die Regelung ist mit Wirkung zum 14.9.2007 dahingehend geändert worden, dass der Verweis auf die "nach dem Blindenwarenvertriebsgesetz anerkannten Blindenwerkstätten" durch den Verweis auf "Blindenwerkstätten i. S. d. § 143 SGB IX" ersetzt wurde. Hintergrund dafür ist, dass das Blindenwarenvertriebsgesetz mit dem besonderen Anerkennungsverfahren aufgehoben wurde, sodass nunmehr nur noch auf die Tätigkeit in einer Blindenwerkstatt nach § 134 SGB IX verwiesen wird (vgl. zu den Gründen § 134 SGB IX und Komm. dort).
Rz. 134
Die Krankenversicherungspflicht von in Heimarbeit für Werkstätten für behinderte Menschen tätigen Personen war mit § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Sozialversicherung Behinderter (SVBG) v. 7.5.1975 (BGBl. I S. 1061) eingeführt und in den Voraussetzungen auch dort geregelt worden. Nach § 3 Abs. 1 SVBG waren auf die Versicherung die Vorschriften der allgemeinen Krankenversicherung anzuwenden. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 SVBG waren die Versicherten nach § 1 SVBG den aufgrund einer entgeltlichen Beschäftigung Versicherten gleichgestellt. Die Einbeziehung dieses Personenkreises in die Sozialversicherung als beschäftigungsähnliches Verhältnis beruhte und beruht auf der Ermöglichung des Krankenversicherungsschutzes zu günstigen Beiträgen und (weitgehend) ohne eigene Beitragsbelastung sowie in der Rentenversicherung auf dem Erwerb von Rentenanwartschaftszeiten. (Zur Problematik der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit/voller Leistungsminderung bei Behinderten in einer Werkstatt vgl. BSG, Urteil v. 24.4.1996, 5 RJ 56/95).
Rz. 135
Mit Abs. 1 Nr. 7 wurde mit der Übernahme für diesen gegenüber dem früheren Recht wohl unveränderten Personenkreis eine eigenständige (von der Gleichstellung mit Beschäftigten unabhängige) Versicherungspflicht vorgesehen; nach § 1 Nr. 2 SGB VI auch in der Rentenversicherung, wobei dort die Tätigkeit der behinderten Menschen allerdings als Beschäftigung fingiert wird (§ 1 Satz 5 SGB VI vgl. Komm. dort). Mit der Abkoppelung der Versicherungspflicht von der einer Beschäftigung nach Abs. 1 Nr. 1 in der Krankenversicherung ist auch die Regelung der Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit (§ 7 i. V. m. § 8 SGB IV) auf diese Personen nicht anwendbar. Andererseits folgt aus der eigenständigen Versicherungspflicht, dass keine Zusammenrechnung mit daneben ausgeübten geringfügigen Beschäftigungen erfolgen kann.
Rz. 136
Erfasst werden von der Krankenversicherungspflicht nur behinderte Menschen. Für den Begriff der Behinderung kann auf die Definition in § 2 SGB IX zurückgegriffen werden, also die Beeinträchtigung der körperlichen Funktionen, geistigen Fähigkeiten oder der seelischen Gesundheit, die in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit für voraussichtlich länger als 6 Monate hindern können. Ein bestimmter Grad der Behinderung wird als Voraussetzung für die Versicherungspflicht nicht gefordert. Jedoch ergibt sich aus § 136 Abs. 2 SGB IX a. F. und aus § 219 Abs. 1 Satz 2 SGB IX n. F. die Voraussetzung, dass die Behinderung dem Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt (zumindest noch) entgegenstehen muss. Andererseits darf die Behinderung nicht so oder dergestalt sein, dass sie zur Werkstattunfähigkeit i. S. v. § 219 Abs. 2 SGB IX führt (vgl. Komm. zu § 219 SGB IX).
Rz. 137
Mit der Fassung der Vorschrift, die auf die Tätigkeit in anerkannten Werkstätten oder Blindenwerkstätten abstellt, wird nur unzureichend zum Ausdruck gebracht, dass es sich dabei nicht um eine betrieblich räumliche Bestimmung des Tätigkeitsortes handelt, sondern primär um eine inhaltliche Bestimmung der Tätigkeit. Dies folgt aus der notwendigen Anerkennung und der Zweckbestimmung als Werkstatt für Behinderte. Auch bei behinderten Menschen muss daher zwischen der Tätigkeit "in der anerkannten Werkstatt" und der Tätigkeit "für die Werkstatt" als Arbeitgeber einer Beschäftigung nach den allgemeinen Merkmalen eines Arbeitsverhältnisses unterschieden werden.
Rz. 138
Die Werkstatt für behinderte Menschen ist nach der Definition des § 136 Abs. 1 SGB IX a. F. und des § 219 SGB IX n. F. eine Einrichtung zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben und zur Eingliederung in das Arbeitsleben. Der Zweck einer Werkstatt für Behinderte ist daher darauf gerichtet, den behinderten Menschen, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt werden können, eine angemessene berufliche Bildung und eine Beschäftigung zu einem ihrer Leistung angemessenen Arbeitsentgelt aus dem Arbeitsergebnis anzubieten und zu ermöglichen, deren Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu entwickeln, zu erhöhen oder wiederzugewinnen und dabei ihre Persönlichkeit weiterzuentwickeln und den Übergang geeigneter Personen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt durch geeignete Maßnahmen zu fördern.
Rz. 139
Diese allgemeine Zwecksetzung bestimmt auch den erforderlichen und ausreichenden...