Rz. 331
Mit der Regelung des Abs. 5 ist erstmals (nur für die Krankenversicherung und als Folge davon für die Pflegeversicherung) als Ausschlusstatbestand die Ausübung einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit eingeführt worden. Dies entspricht nicht nur der Tendenz des Gesetzgebers, selbständige Erwerbstätigkeiten aus der gesetzlichen Krankenversicherung auszugrenzen (vgl. Rz. 3), sondern trägt auch der Tatsache Rechnung, dass selbst für den die gesetzliche Krankenversicherung prägenden Personenkreis der abhängig Beschäftigten eine alleinige Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer nicht mehr typisch ist. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Entwicklung und der Flexibilisierung und Reduzierung der Arbeitszeiten, die Zeit und Raum für anderweitige Erwerbstätigkeiten lassen oder aus wirtschaftlichen Gründen erzwingen. Die Regelung ist damit begründet worden, dass vermieden werden soll, dass ein versicherungsfreier (richtig hätte es heißen müssen: nicht versicherungspflichtiger) Selbständiger durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Nebenbeschäftigung versicherungspflichtig wird und damit den umfassenden Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung erhält (BT-Drs. 11/2237 S. 159). Die Regelung setzt objektiv den ansonsten vorliegenden Tatbestand einer Krankenversicherungspflicht voraus und enthält keine Abgrenzungsregelung von abhängiger Beschäftigung oder selbständiger Tätigkeit. Sie ist objektiv als Ausschlusstatbestand zu verstehen und dient nicht nur der subjektiven Missbrauchsabwehr. Personen, die als hauptberuflich Selbständige nicht der Krankenversicherungspflicht als Beschäftigte unterliegen, haben keinen Anspruch auf einen Beitragszuschuss des Arbeitgebers nach § 257 (BSG, Urteil v. 10.3.1994, 12 RK 12/93).
Rz. 332
Nicht von der Regelung erfasst werden die ohnehin aufgrund einer selbständigen Tätigkeit krankenversicherungspflichtigen Landwirte sowie Künstler und Publizisten nach Abs. 1 Nr. 3 und 4. Für diesen Personenkreis bestehen eigenständige Ausschlusstatbestände für die Versicherungspflicht als Selbständige. § 4a KVLG 1989 schließt die Versicherungspflicht als Landwirt bei einer hauptberuflich selbständigen Erwerbstätigkeit außerhalb der Landwirtschaft aus und § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG schließt die Versicherungspflicht schon im Falle jeder mehr als nach § 8 SGB IV entgeltgeringfügigen erwerbsmäßig ausgeübten anderen selbständigen Tätigkeit aus. Die steuerrechtliche Zuordnung von Einkünften aus ehrenamtlicher Tätigkeiten zu den Einkünften aus "sonstiger selbständiger Tätigkeit" i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG ist jedoch allein noch kein Ausschlusstatbestand, sondern es muss tatsächlich eine auf den "Broterwerb" gerichtete selbständige Tätigkeit vorliegen (vgl. BSG, Urteil v. 18.2.2016, B 3 KS 1/15 R).
Rz. 333
Das Vorliegen einer krankenversicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit als Landwirt, Künstler oder Publizist schließt andererseits die Anwendung des Abs. 5 gegenüber den möglichen Versicherungspflichten nach Abs. 1 Nr. 1 oder 5 bis 12 nicht aus. Aus Abs. 5 kann sich daher ergeben, dass wegen der hauptberuflichen Selbständigkeit keine Krankenversicherungspflicht nach Abs. 1 Nr. 1 oder 5 bis 12 eintritt und damit dann auch der Ausschlusstatbestand oder Vorrang einer anderen Krankenversicherungspflicht gegenüber der als Selbständiger nicht eingreift (z. B. bei Landwirten nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 KVLG 1989, vgl. BSG, Urteil v. 16.11.1995, 4 RK 2/94, oder Künstlern und Publizisten nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder 8 KSVG). Dies dient nicht nur der Kontinuität der Versicherung z. B. bei Künstlern, sondern verhindert auch den Wechsel des zuständigen Krankenversicherungsträgers bei Landwirten.
Rz. 334
Nicht einbezogen sind auch die nach Abs. 1 Nr. 2 versicherungspflichtigen Bezieher von Leistungen nach dem SGB III. Bei diesem Personenkreis ist der Gesetzgeber offenbar davon ausgegangen, dass bei einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit die Beschäftigungssuche als Voraussetzung des Leistungsanspruchs (Arbeitssuche/Verfügbarkeit i. S. d. § 138 SGB III) nicht oder nicht mehr gegeben ist, sodass damit dann ohnehin mangels Leistungsanspruchs keine Krankenversicherungspflicht besteht. Dies kann aber auch darauf beruhen, dass die Versicherungspflicht nach Abs. 1 Nr. 2 bei Inkrafttreten des Abs. 5 noch nicht im SGB V selbst geregelt war und es versehentlich unterlassen wurde, Abs. 5 anzupassen. Auch die später eingefügte Versicherungspflicht nach Abs. 1 Nr. 2a für Leistungsbezieher nach dem SGB II ist in Abs. 5 nicht aufgenommen worden, ohne dass dafür Gründe erkennbar sind. Mit Abs. 5a Satz 1 wird nunmehr für zuletzt privat Krankenversicherte diese Versicherungspflicht u. a. für hauptberuflich Selbständige ausgeschlossen, woraus sich ergibt, wenn die Vorschrift für die hauptberuflich Selbständigen überhaupt einen Anwendungsbereich eröffnet, dass die wirtschaftliche Bedürftigkeit nach den SGB II jedenfalls der Annahme einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit nicht entgegensteht.
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