Rz. 9
Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre mitversicherten Angehörigen die Kostenerstattung wählen (Satz 1). Die Einführung der Tarife ist in das Ermessen des Satzungsgebers gestellt. Das Wahlrecht liegt auch für mitversicherte Angehörige beim Mitglied. Die gesetzliche Ermächtigung berechtigt Krankenkassen dazu, den Umfang der gesetzlich zugelassenen Kostenerstattung bis zur vollen Kostenübernahme zu erhöhen (BSG, Urteil v. 30.7.2019, B 1 KR 34/18 R).
Die Höhe der Kostenerstattung kann – ähnlich wie bei Kunden der privaten Krankenversicherung – variabel gestaltet werden (Satz 2). Beispielsweise ist es möglich, dem Versicherten den 2,3fachen Satz nach der GOÄ/GOZ zu erstatten. Für die Mehrkosten, die dies gegenüber Sachleistungen bedeutet, muss die Krankenkasse eine entsprechend kalkulierte Prämienzahlung des Versicherten einfordern. Mit dieser Tarifmöglichkeit will der Gesetzgeber die Wettbewerbsposition der gesetzlichen Krankenkassen gegenüber den Unternehmen der privaten Krankenversicherung gestärkt wissen (vgl. BT-Drs. 16/3100 S. 109).
Der Versicherte kann in jedem Einzelfall entscheiden, ob er anstelle der Sachleistung eine Kostenerstattung wählt.
Wer Kostenerstattung wählt, geht nicht mehr mit seiner Gesundheitskarte zum Arzt, sondern erhält von diesem eine Rechnung wie ein Privatpatient und muss diese zunächst selbst bezahlen. Wird die Rechnung nicht beglichen, hält sich der behandelnde Arzt nicht an die gesetzliche Krankenkasse des Versicherten, sondern direkt an den Patienten; denn er ist in diesem Fall sein Vertragspartner. Für den Anspruch auf Kostenerstattung ist es nicht erforderlich, dass der Versicherte die Leistungen bereits vorfinanziert, d. h. gegenüber dem Leistungserbringer bezahlt hat.
Im Unterschied zu einem Selbstbehalttarif kommt es bei der Kostenerstattung darauf an, dass das Mitglied und auch seine anspruchsberechtigten Familienangehörigen der Krankenkasse keine Kosten verursachen. Die Höhe der Kostenerstattung ist nicht unbedingt auf die Höhe der Sachleistung beschränkt. Möglich ist es etwa auch, dem Versicherten den 2,5-fachen Satz nach GOÄ/GOZ zu erstatten. Die Mindestbindung beträgt 1 Jahr (vgl. Rz. 16).
§ 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt für die Kostenerstattung nach dieser Norm nicht. Die Krankenkasse muss die Versicherten vor ihrer Wahl nicht beraten bzw. in Kenntnis setzen, dass Kosten evtl. nicht von der Krankenkasse übernommen werden (Satz 3; vgl. BT-Drs. 16/4247 S. 49). Umgekehrt muss der Versicherte vor der Inanspruchnahme von Leistungen die Krankenkasse über die Wahl der Kostenerstattung nicht in Kenntnis setzen. Die Beschränkung auf den Bereich der ambulanten Behandlung gilt nicht.
Rz. 9a
Andere als die nach § 13 Abs. 2 zulässigen Leistungserbringer dürfen nicht in Anspruch genommen werden (Dreher, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, § 53 Rz. 79). Die Ermächtigung, Kostenerstattungs-Wahltarife einzuführen, berechtigt Krankenkassen lediglich dazu, den Umfang der gesetzlich zugelassenen Kostenerstattung bis hin zur vollen Kostenübernahme zu erhöhen. Es ist nicht zulässig, die Kostenerstattung auf Leistungen auszuweiten, die durch das Sozialgesetzbuch nicht als Sachleistungsanspruch vorgesehen sind (BSG, Urteil v. 30.7.2019, B 1 KR 34/18 R). Unternehmen der privaten Krankenversicherung haben aufgrund entsprechender rechtswidriger Satzungsbestimmungen einen öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch und können einer Krankenkasse das Bewerben und Anbieten gerichtlich untersagen lassen.