2.1 Inhalt und Anwendungsbereich des WBVG
Rz. 3
Das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) ist am 1.10.2009 als Teil des Gesetzes zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes nach der Föderalismusreform in Kraft getreten und hat die bis dahin geltenden §§ 5 bis 9 und § 14 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 4, 7 und 8 des Heimgesetzes des Bundes abgelöst. Die ordnungsrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes wurden seit 2008 in allen Bundesländern durch heimrechtliche Regelungen auf Landesebene ersetzt (vgl. auch Komm. zu § 117 Rz. 2a). Dieses gesetzgeberische Vorgehen entspricht der im Zuge der Föderalismusreform 2006 durch gesetzliche Änderung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG für das Heimrecht bewirkten Neuverteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten zwischen Bund und Ländern (vgl. hierzu im Einzelnen Gutzler, in: Hauck/Noftz, SGB XI, Bd. 2, § 119 Rz. 2).
Rz. 4
Das WBVG stärkt nach dem Willen des Gesetzgebers den Schutz älterer, pflegebedürftiger und behinderter Menschen. Es regelt das zivilrechtliche Vertragsverhältnis zwischen dem Unternehmer (Heimträger) und dem volljährigen Verbraucher (Heimbewohner) und erfasst Vertragsverhältnisse, die neben der Anmietung/Vermietung von Wohnraum zugleich die Inanspruchnahme/Erbringung von Pflege- und Betreuungsleistungen zum Vertragsgegenstand haben. Der Anwendungsbereich des Gesetzes ist nicht auf herkömmliche "Heimverträge" beschränkt, sondern erfasst insbesondere auch die typischen Formen des "Betreuten Wohnens". Es genügt, wenn sich ein Unternehmer zum Vorhalten von Pflege- und Betreuungsleistungen verpflichtet. Keine Anwendung findet das Gesetz auf das "Service-Wohnen", wenn also der Vertrag neben der Überlassung von Wohnraum ausschließlich die Erbringung allgemeinen Unterstützungsleistungen wie die Vermittlung von Pflege- oder Betreuungsleistungen, Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung oder Notrufdienste zum Gegenstand hat. Auf Verträge mit Minderjährigen, mithin Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, findet das WBVG keine Anwendung (vgl. im Einzelnen § 1 WBVG).
Besondere Bedeutung ist unter dem Blickwinkel der verbraucherfreundlichen Ausgestaltung der Vorschriften vor allem den Regelungen des WBVG in § 3 (vorvertragliche Informationspflichten), § 7 (Leistungspflichten), § 8 (Vertragsanpassung bei Änderung des Pflege- und Betreuungsbedarfs), § 9 (Entgelterhöhung) sowie in §§ 11 und 12 (Kündigungsrechte des Verbrauchers und Unternehmers) beizumessen. Auch sieht das WBVG für den Verbraucher in Fällen der Schlechtleistung nach § 10 Minderungsrechte vor.
Rz. 5
Auf Heimverträge i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 HeimG, die vor dem 1.10.2009 abgeschlossen worden sind (Altverträge), ist das Heimgesetz für eine Übergangsfrist bis zum 30.4.2010 in ihrer bis 30.9.2009 geltenden Fassung nach näherer Maßgabe des § 17 Abs. 1 WBVG weiter anzuwenden. Ab dem 1.5.2010 bestimmen sich die Rechte und Pflichten aus den Altverträgen nach dem WBVG (vgl. Abs. 1 Satz 1 und 2). Auf die bis zum 30.9.2009 geschlossenen Verträge, die keine Heimverträge i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 HeimG sind, findet das WBVG hingegen auch zukünftig keine Anwendung (vgl. § 17 Abs. 2 WBVG).
2.2 Regelungsgehalt des § 119
Rz. 6
Adressat der Vorschrift sind ausschließlich zugelassene stationäre Pflegeeinrichtungen i. S. d. § 71 Abs. 2, die nicht dem Anwendungsbereich des WBVG unterliegen. Dies ist regelmäßig der Fall bei – auf die Überlassung von Wohnraum und die Erbringung von Pflege- und Betreuungsleistungen ausgerichteten – Verträgen mit pflegebedürftigen Minderjährigen, die wegen des nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WBVG auf volljährige Verbraucher beschränkten Anwendungsbereichs nicht unter dieses Gesetz fallen (vgl. Rz. 4). Wegen der besonderen Schutzwürdigkeit der in solchen Einrichtungen untergebrachten minderjährigen Bewohner unterwirft § 119 zur Stärkung der Rechte auch dieses Personenkreises Heimverträge mit diesen Personen bei Unterbringung in einer zugelassenen stationären Pflegeeinrichtung in analoger Anwendung den Vorschriften des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes (zur Zielsetzung der Vorschrift vgl. auch Rz. 2).