Rz. 142
Mit dem Pflegebereich Nr. 6 wird – neben Nr. 2 – ein zweiter Bereich aufgenommen, der jedenfalls auch die kognitiven Fähigkeiten der betroffenen Person berücksichtigt. Im Rahmen der früheren Regelung zur Begutachtung der Pflegebedürftigkeit einer Person waren die hier genannten Kriterien – abgesehen vom Kriterium "Ruhen und Schlafen" – nicht gesondert zu bewerten. Sie wurden als Betreuung und allgemeine Beaufsichtigung qualifiziert, die über die konkrete Anleitung und Beaufsichtigung bei Verrichtungen hinausgeht und nicht zu den maßgeblichen Verrichtungen des bisherigen Pflegebedürftigkeitsbegriffs gehörten (BT-Drs. 18/5926 S. 110).
Rz. 143
Wie bei den meisten weiteren Pflegebereichen ist auch hier unter Berücksichtigung der bekannten graduellen Abstufungen zur Selbständigkeit zu bewerten (vgl. hierzu Anlage 1 zu § 15), ob die Person die jeweilige Aktivität praktisch durchführen kann. Dabei ist nach Maßgabe der Begutachtungs-Richtlinien unerheblich, ob die Beeinträchtigungen der Selbständigkeit aufgrund von Schädigungen somatischer oder mentaler Funktionen bestehen. Zu berücksichtigen sind also sowohl kognitive wie auch körperliche Einschränkungen. Unerheblich ist auch, ob Teilaspekte bereits in anderen Modulen berücksichtigt worden sind (Begutachtungs-Richtlinien S. 63).
Im Einzelnen sind die folgenden Kriterien zu bewerten:
Rz. 144
- Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen (F 4.6.1)
Gemeint ist hiermit: Den Tagesablauf nach individuellen Gewohnheiten und Vorlieben einteilen, bewusst gestalten und ggf. an äußere Veränderungen anpassen.
Der Begriff des Gestaltens ist hier dahingehend zu verstehen, dass sowohl die Planung als auch die Umsetzung der Planungen erfasst ist. Im Rahmen dieses Kriteriums werden die planerischen Fähigkeiten zur Umsetzung von Alltagsroutinen bewertet (Begutachtungs-Richtlinien S. 63). Damit bestehen u. a. Überschneidungen zu den im Pflegebereich Nr. 2 genannten Kriterien (z. B. Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen nach F 4.2.5 oder Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben nach F 4.2.6), was aber nach Maßgabe der Begutachtungs-Richtlinien unerheblich ist (s. o.).
Zu beurteilen ist konkret, ob die Person von sich aus festlegen kann, ob und welche Aktivitäten sie im Laufe des Tages durchführen möchte, z. B. wann sie baden, essen oder zu Bett gehen oder wann sie Fernsehen oder spazieren gehen möchte. Solche Festlegungen setzen voraus, dass die zeitliche Orientierung (vgl. F 4.2.3) zumindest teilweise erhalten ist. Die Gutachterin bzw. der Gutachter kann dies prüfen, indem sie oder er sich z. B. den bisherigen oder künftigen Tagesablauf schildern lässt (Begutachtungs-Richtlinien S. 63).
Rz. 145
Selbständig: Die Person kann die beschriebene Aktivität ohne personelle Hilfe durchführen.
Überwiegend selbständig: Die Routineabläufe können weitgehend selbständig gestaltet werden, bei ungewohnten Veränderungen ist Unterstützung notwendig. Es reichen z. B. Erinnerungshilfen an einzelne vereinbarte Termine.
Überwiegend selbständig ist eine Person z. B. auch dann, wenn ihre Kommunikationsfähigkeit oder Sinneswahrnehmung stark beeinträchtigt ist und sie daher Hilfe benötigt, um den Tagesablauf mit anderen Menschen abzustimmen.
Überwiegend unselbständig: Die Person benötigt Hilfe beim Planen des Routinetagesablaufs. Sie ist aber in der Lage, Zustimmung oder Ablehnung zu Strukturierungsangeboten zu signalisieren. Sie kann eigene Planungen häufig nicht einhalten, da diese wieder vergessen werden. Deshalb ist über den ganzen Tag hinweg eine Erinnerung bzw. Aufforderung erforderlich.
Überwiegend unselbständig ist auch eine Person, die zwar selbst planen und entscheiden kann, aber für jegliche Umsetzung personelle Hilfe benötigt.
Unselbständig: Mitwirkung an der Tagesstrukturierung oder Orientierung an vorgegebenen Strukturen ist nicht oder nur minimal möglich (Begutachtungs-Richtlinien S. 63).
Rz. 146
- Ruhen und Schlafen (F 4.6.2)
Zu hinterfragen ist, ob die Person nach individuellen Gewohnheiten einen Tag-Nacht-Rhythmus einhalten und für ausreichende Ruhe- und Schlafphasen sorgen kann.
Dazu gehören sowohl die Fähigkeit, die Notwendigkeit von Ruhephasen zu erkennen, sich auszuruhen und mit Phasen der Schlaflosigkeit umzugehen als auch somatische Funktionen, um ins Bett zu kommen und die Ruhephasen insbesondere nachts einhalten zu können (Begutachtungs-Richtlinien S. 64).
Rz. 147
Selbständig: Die Person kann die beschriebene Aktivität ohne personelle Hilfe durchführen.
Überwiegend selbständig: Die Person benötigt personelle Hilfe beim Aufstehen oder Zu-Bett-Gehen, z. B. Transferhilfen oder zeitliche Orientierungshilfen beim Wecken oder Aufforderung, schlafen zu gehen, oder einzelne Hilfen wie z. B. Abdunkeln des Schlafraumes. Die Nachtruhe ist meist ungestört, nur gelegentlich entsteht nachts ein Hilfebedarf.
Überwiegend unselbständig: Es treten regelmäßig Einschlafprobleme oder nächtliche Unruhe auf, die die Person größtenteils nicht allein bewältigen kann. Deshalb sind regelmäßige ...