Rz. 3
Abs. 1 Satz 1 beschreibt ganz allgemein, in welcher Form die Leistungen der Pflegeversicherung erbracht werden, nämlich als Dienst-, Sach- und Geldleistungen oder auch als Kostenerstattung, ohne die Voraussetzungen und den Umfang hierfür festzulegen. Dieses geschieht im 4. Kapitel (vgl. §§ 28 ff.). Auch werden in § 4 keine Begriffsdefinitionen zu den einzelnen Leistungsarten gegeben.
Der Gesetzgeber stellt innerhalb des § 4 nicht klar, welche Leistungen etwa Dienstleistungen und welche Sachleistungen darstellen sollen. Etwas überraschend findet sich in § 36 ausdrücklich, dass die häusliche Pflege nicht eine Dienstleistung, sondern eine Sachleistung sein soll. Demgegenüber enthalten die Vorschriften zur stationären Pflege (§§ 41 ff.) die Begrifflichkeit der Sachleistung nicht, so dass möglicherweise die Vorstellung des Gesetzgebers dahin ging, hier eine Dienstleistung anzunehmen.
Eine Geldleistung stellt etwa das Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen i. S. d. § 37 dar.
Es ist möglich, Kombinationsleistungen aus Geld- und Sachleistung bzw. Geld- und Dienstleistung in Anspruch zu nehmen. Dies folgt ausdrücklich aus § 38, aber auch aus § 41 Abs. 3.
Der Anteil derjenigen Menschen, welche Leistungen der stationären Pflege in Anspruch nehmen, ist konstant. Er machte im Jahr 2005 wie auch im Jahre 2010 (Stand: Mai 2010) 31,2 % der gesamten Leistungsempfänger aus, wobei Menschen, die in vollstationären Einrichtungen i. S. d. § 43a gepflegt werden, einbezogen sind. Die Mehrzahl der Pflegebedürftigen wird mithin häuslich gepflegt. (Quelle: Bundesministerium für Gesundheit)
Ein Sach- und Dienstleistungsprinzip, wie es § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung vorsieht, gibt es im Pflegeversicherungsrecht nicht. Vielmehr werden durch § 4 die Geldleistungen ausdrücklich auf eine Stufe mit den Sach- und Dienstleistungen gestellt. Semantisch missglückt ist die zusätzliche Erwähnung der Kostenerstattung neben den Dienst-, Sach- und Geldleistungen. Auch die Kostenerstattung stellt eine Geldleistung dar. Charakteristisch für sie ist allein die Tatsache, dass das Geld erst nach Inanspruchnahme und Vorleistung des Leistungsempfängers zur Auszahlung gelangt (vgl. § 91 Abs. 2). Eine dem § 13 Abs. 3 SGB V entsprechende Vorschrift ist dem Recht der sozialen Pflegeversicherung ebenfalls unbekannt. Das BSG indes sieht § 13 Abs. 3 SGB V als Ausdruck eines "allgemeinen Rechtsgrundsatzes" und wendet die Norm analog an (vgl. BSG, Urteil v. 30.10.2001, B 3 KR 27/01 R, SozR 3 2500 § 37 SGB V Nr. 3; BSG, Urteil v. 24.9.2002, B 3 P 15/01 R, USK 2002, S. 56; BSG, Urteil v. 15.11.2007, B 3 P 9/06 R, NZS 2008, S. 599). Die Erstattung von Kosten kann danach dann beansprucht werden, wenn die Pflegekasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie die Leistung zu Unrecht nicht erbracht hat.
Für die in § 4 Abs. 1 aufgeführten Leistungen gelten die allgemeinen Vorschriften des SGB I, so z. B. hinsichtlich der Verzinsung von Geldleistungen (§ 44 SGB I), Verjährung von Sozialleistungen (§ 45 SGB I), Auszahlung von Geldleistungen (§ 47 SGB I), Aufrechnung und Verrechnung von Geldleistungen (§§ 51, 52 SGB I), Übertragung und Verpfändung von Dienst- und Sachleistungen (§ 53 SGB I), hier insbesondere die Unpfändbarkeit der Geldleistungen (§ 54 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 3 SGB I) sowie der Sonderrechtsnachfolge (§§ 56 ff. SGB I).