Rz. 6
Zur Durchführung des Sicherstellungsauftrags schließen die Pflegekassen bzw. deren Verbände mit den Trägern der Pflegeeinrichtungen und sonstigen Leistungserbringern Versorgungsverträge und Vergütungsvereinbarungen (Satz 2). Diese Regelung ist Folge des aus dem Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung weitgehend übernommenen Sachleistungsprinzips (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Danach sieht das Gesetz die Erbringung von Leistungen durch die Pflegekassen selbst im Regelfall nicht vor. Vielmehr stehen die Pflegekassen grundsätzlich in der Pflicht, ihren pflegebedürftigen Versicherten die diesem Personenkreis zustehenden Dienst- und Sachleistungen (vgl. § 4 Abs. 1) zu verschaffen, d. h. durch vertraglich zugelassene Leistungserbringer zur Verfügung zu stellen. Nur im Ausnahmefall ist es den Pflegekassen rechtlich gestattet, Pflegeleistungen durch eigene Pflegekräfte zu erbringen (vgl. § 77 Abs. 2). Gegenstand der vertraglichen Beziehungen mit den Pflegeeinrichtungen und sonstigen Leistungserbringern im Leistungsbereich sind ausschließlich Sachleistungen; hierzu gehören vor allem Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung im ambulanten Bereich (vgl. § 36), Pflegeleistungen im teilstationären und stationären Bereich (§§ 41 bis 43) sowie die Versorgung mit Pflegehilfsmittel (§ 40). Nicht Gegenstand der vertraglichen Beziehungen sind Geldleistungen (z. B. Pflegegeld), zu deren Gewährung es im Rahmen des Sicherstellungsauftrags naturgemäß nicht der vertraglichen Einbindung Dritter bedarf.
Rz. 7
Das Gesetz kennt unterschiedliche Formen der Vertragsbeziehungen. Maßgebende Voraussetzung für die rechtliche Teilhabe des einzelnen Leistungserbringers am Versorgungsgeschehen für den Bereich der Pflegeversicherung ist stets der Abschluss eines Versorgungsvertrages oder Gesamtversorgungsvertrages (vgl. § 72 Abs. 2 Satz 1). Daneben sieht § 75 auf Bundes- und insbesondere auf Landesebene übergreifende Vereinbarungen in Rahmenverträgen vor, deren Inhalt sowohl für die Pflegekassen bzw. deren Verbände als auch für die Pflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich sind (vgl. § 75 Abs. 1 Satz 4) und damit zugleich auf den Versorgungsvertrag gem. § 72 verpflichtend einwirkt. Während der Rahmenvertrag (§ 75) gemeinsam mit dem Versorgungsvertrag (§ 72) die Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für die Erbringung pflegerischer Leistungen im Allgemeinen und im Besonderen regelt, bestimmt sich deren Vergütung regelmäßig nach dem Inhalt der rechtlich eigenständig mit den Pflegeeinrichtungen abzuschließenden Vergütungsvereinbarungen (vgl. §§ 84 ff. zur stationären Pflege und §§ 89, 90 zur ambulanten Pflege). Eine Ausnahme gilt für Verträge nach §§ 77 und 78 (vgl. insbesondere § 77 Abs. 1 Satz 2).
Rz. 8
Von den zwischen den Vertragspartnern eines Versorgungs- oder Gesamtversorgungsvertrages bestehenden öffentlich-rechtlichen Vertragsbeziehungen zu unterscheiden sind die für die Inanspruchnahme pflegerischer Leistungen bei Abschluss eines Pflege- oder Heimvertrages zwischen dem Versicherten und der Pflegeeinrichtung entstehenden privatrechtlichen Vertragsbeziehungen. Geht man unter Berücksichtigung der rechtlichen Eigenständigkeit der hier betroffenen Vertragsbeziehungen mit einem Teil des Schrifttums zu Recht davon aus, dass die Pflegekassen die Erbringung von Pflege- und Versorgungsleistungen nicht selbst schulden und dafür auch die Leistungserbringer nicht eingeschaltet haben, sondern sich die Pflicht der Pflegekassen aufgrund ihres Sicherstellungsauftrags darin erschöpft, durch den Abschluss von Versorgungs- und Gesamtversorgungsverträgen für ein ausreichendes Angebot an Pflegeleistungen zu sorgen, scheidet damit eine Haftung der Pflegekassen für eine schuldhafte Pflichtverletzung der Pflegeeinrichtung aus (so Becker, in: Hauck/Noftz, SGB XI, § 69 Rz. 37). Demgegenüber ist nach anderer Meinung in der Haftungsfrage – wohl auch mit Rücksicht auf den Sachleistungscharakter der geschuldeten Pflegeleistungen – bei Pflichtverletzungen der Pflegeeinrichtung eine entsprechende Anwendung des § 278 BGB in Betracht zu ziehen (vgl. u. a. Leitherer, in: KassKomm, SGB XI, § 69 Rz. 15).