2.1 Sozialrechtlicher Herstellungsanspruch
Rz. 4
Die gesetzliche Ausrichtung der Regelung nach § 7b ist nach dem Willen des Gesetzgebers als eine zusätzliche Pflicht des Leistungserbringers, d. h. der Pflegekasse, einzustufen. Dies wird durch Abs. 2 explizit dargestellt, da die Pflegekasse sicherzustellen hat, dass die Beratungsleistungen den Anforderungen gemäß Beratung an § 7a gerecht wird. Hierzu ist die Pflegekasse verpflichtet, allein oder gemeinsam mit anderen Pflegekassen vertragliche Vereinbarungen mit unabhängigen und neutralen Beratungsstellen zu schließen, die insbesondere Regelungen treffen für die Anforderungen an die Beratungsleistung und die Beratungspersonen, die Haftung für Schäden, die der Pflegekasse bei fehlerhafter Beratung entstehen und deren Vergütung.
2.2 Verpflichtung der Pflegekassen
Rz. 5
Der Beratungstermin nach Abs. 1 Nr. 1 wird von einem/r konkret zu benennenden Pflegeberater/-in aus dem internen Verwaltungsapparat der Pflegeversicherung wahrgenommen. Dagegen sind Beratungsstellen nach Abs. 1 Nr. 2 solche externen Berater, mit denen die Pflegeversicherung alleine oder gemeinsam mit anderen Pflegeversicherungen vertragliche Beratungsvereinbarungen geschlossen hat (Abs. 2). Insofern kann auch nur die Beratung durch die Beratungsstelle nach Abs. 1 Nr. 2 eine neutrale Beratung darstellen und das auch nur, wenn diese Beratungsstelle von der Verwaltungsorganisation der Pflegekasse losgelöst ist (z. B. Patientenorganisation, Rechtsanwalt u. ä.). § 7b Abs. 1 überlässt dem Pflegebedürftigen oder dessen Angehörigen keinesfalls das Recht zu wählen zwischen einer internen oder externen Beratungsperson. Das Gesetz hat beide Möglichkeiten ausdrücklich alternativ benannt. Sicherlich ist es aus der Sicht des Pflegebedürftigen kritisch zu hinterfragen, ob das Ziel der Norm noch erreicht wird, nämlich eine Beratung anzubieten über den ohnehin in § 14 SGB I für alle Bereiche der Sozialleitungen bestehende Pflicht zur Aufklärung und Beratung, wenn der Pflegebedürftige nicht von vornherein eine unabhängige Beratungsstelle aufsuchen kann. Im Zweifel wird die Pflegekasse nur dann einen Gutschein für das Aufsuchen einer externen Beratungsstelle ausstellen, wenn sie (z. B. urlaubsbedingt) nicht ausreichend Fachpersonal zur Verfügung hat. Die Pflegeversicherung hat diese Gesetzesauslegung zu ihren Gunsten bereits in ihrem Rundschreiben v. 22.8.2017 zu §7b SGB XI erkannt:"Die Entscheidung, ob die Pflegekasse einen Beratungsgutschein anbietet, obliegt der Pflegekasse".
Rz. 5a
Aus der vollumfänglichen Regelung in Abs. 2, einen kompetenten und neutralen Beratungspartner für die Betreibung der Beratungsstelle auszuwählen, wird offensichtlich, dass es sich um eine Pflichtleistung handelt. Die fachliche Überwachungsobliegenheit trägt die Pflegekasse bei der Auswahl von Vertragspartnern, wobei hierbei auch die Auswahl durch Partnerschaften von Pflegekassen oder deren Zusammenschlüsse erfolgen kann. Näheres zu Unabhängigkeit, Neutralität und Datenschutz regelt das Gemeinsame Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes v. 22.8.2017.
Rz. 6
Der Gesetzgeber hat auch mit der Durchführung von Beratungsgesprächen bzw. mit deren Organisation vollumfänglich in die Leistungssphäre der Pflegekassen eingegriffen. Diese entscheiden daher im Rahmen ihrer pflichtgemäßen Ermessensausübung zugunsten der Versicherten stets, ob sie eine Beratung primär selber i. S. v. § 7c (§ 92c bis 31.12.2015) durch Pflegestützpunkte durchführen oder Beratungsgutscheine ausstellen (BT-Drs. 17/9369 S. 36). Doch ist die Ausstellung von Beratungsgutscheinen in dem Gemeinsamen Rundschreiben bereits auf solche Fälle beschränkt, in denen die Pflegekasse die Beratung nicht selbst ausführt. Entscheidend ist jedoch stets, dass die Pflegekasse selbst die Verantwortung darüber trägt, dass die Beratungsleistungen qualitativ hochwertig und zum Wohle der Versicherten erbracht werden.
Rz. 6a
Zur Stärkung der Rolle der Kommunen in der pflegerischen Versorgung sollen künftig Beratungsgutscheine für eine Pflegeberatung nach § 7a Abs. 1 durch die ratsuchenden Pflegebedürftigen und ihre pflegenden Familienangehörigen auch vor Ort auf der Gemeindeebene eingelöst werden können. Dies können sein: kommunale Gebietskörperschaften, von diesen geschlossene Zweckgemeinschaften oder nach Landesrecht zu bestimmende Stellen für die wohnortnahe Betreuung im Rahmen der örtlichen Altenhilfe oder für die Gewährung der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII, wenn diese eine eigene Beratung nach Maßgabe der Pflegeberatungs-Richtlinien nach § 17 Abs. 1a für ihre Bürger und Bürgerinnen erbringen wollen. Die Pflegekassen schließen hierzu allein oder gemeinsam einen Vertrag mit der entsprechenden kommunalen Gebietskörperschaft nach Abs. 2a Satz 3.
Damit wird der Kreis derer erweitert, bei denen Pflegebedürftige ihre Beratungsgutscheine einlösen können. Die ratsuchenden Pflegebedürftigen erhalten durch die Regelung zusätzliche Beratungsstellen, sodass der Zugang zu einer schnellen Beratung der Pflegebedürftigen weiter verbessert wird.
Die kommunalen Gebietskörperschaften werden ...