Rz. 13
Mit der Vorschrift des Abs. 3 unterscheidet sich das Vergütungssystem von dem der stationären Pflegeheime. Statt eines einheitlichen Pflegesatzes für stationäre Pflegeleistungen sieht der Gesetzgeber für die Vergütung der ambulanten Pflegeleistungen grundsätzlich verschiedene Vergütungsmodalitäten – allein oder nebeneinander – vor:
nach erforderlichem Zeitaufwand
(Berechnung nach Zeiteinheiten, Stundensätzen o.Ä.),
nach dem Leistungsinhalt ohne Zeitbezug
(feste Gebühr für jeweils festgelegte Leistungskombinationen; z.B. 1 Körperpflege und Hilfestellung bei Ernährung gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 1 und 2 = Vergütung/Gebühr),
nach Komplexleistungen
(Festbetrag je Leistung/Woche/Monat für in Anspruch genommene – vereinbarte – Leistungen),
nach Einzelleistungen – nur im Ausnahmefall (!)
(Vereinbarung eines Katalogs aller möglichen Einzelleistungen in der Pflege – mit und ohne zeitlichen Bezug – in EUR). Eine solche Regelung darf nur in besonderen Ausnahmefällen angewandt werden, da der Verwaltungsaufwand unangemessen hoch und die Nachvollziehbarkeit so gut wie unmöglich ist.
Rz. 14
Außerhalb der Pflegeleistungen können für sonstige Leistungen, wie hauswirtschaftliche Versorgung oder Behördengänge und Fahrtkosten, angemessene Pauschalen vereinbart werden. Die Aufzählung in Abs. 3 Satz 1 ist nicht abschließend, sondern nur beispielhaft.
Bei der erstmaligen Vereinbarung solcher Pauschalen für sonstige Leistungen werden die Vertragsparteien unter Berücksichtigung des Zeitfaktors und des Geldfaktors einen unteren und oberen Wert ermitteln und i.d.R. über einen Mittelwert verhandeln. Insbesondere Fahrtkosten bieten sich – z.B. in den Grenzen einer Gemeinde oder Stadt – für Pauschalvereinbarungen an, sofern sie nicht bereits in den Punktzahlen bei Leistungskomplexen enthalten sind.
Rz. 15
Noch während der Übergangsfrist des Art. 49 PflegeVG (1.4.1995 bis 30.9.1995) hatten sich die Spitzenverbände der Pflegekassen für das System der Leistungskomplexe ausgesprochen. Ziel war dabei, die Leistungen der Pflegefachkraft in einzelne Leistungskomplexe aufzuteilen und diesen Leistungskomplexen Preise zuzuordnen. Diese sollten sich an der Fachkraft orientieren, die für den einzelnen Leistungskomplex die betreffende Qualifikation mitbringt. Zudem war eine Orientierung an den Kosten des einzelnen Pflegedienstes hierfür erforderlich. Damit wäre auch der gesetzlichen Auflage Rechnung getragen, mit jedem einzelnen Pflegedienst zu verhandeln und so durch unterschiedliche Vergütungsvereinbarungen am Ort einen funktionsfähigen Pflegemarkt zu schaffen.
In der Praxis hat sich allerdings eine andere – pauschalere – Form der Vergütungsabsprachen herausgebildet. Für die in Arbeitsgemeinschaften (z.B. Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege) oder Verbänden (private Pflegedienste) organisierten Leistungsanbieter werden i.d.R. landesweite Leistungskomplexe – diese Form der Vergütung hat sich weitgehend durchgesetzt – vereinbart, die für Mitglieder der verhandlungsführenden Organisationen unmittelbar wirksam werden. Sie sind im Übrigen Bestandteil eines Versorgungsvertrages nach §§ 72, 73.
Lediglich musterhaft ist nachstehend eine solche Vergütungsregelung eines Bundeslandes aufgeführt. Mit der Vereinbarung über die Leistungsinhalte verbunden ist die entsprechende Preisvereinbarung. Wie in den meisten Bundesländern geht auch das nachfolgende Beispiel davon aus, dass je Leistungskomplex eine Punktzahl vereinbart und zugeordnet wurde. Die Punktzahl wiederum wird mit einem Punktwert festgelegt (im Beispiel: 0,0432 EUR). Die Pflegevergütung ergibt sich aus der Multiplikation der Punktzahl mit dem jeweils gültigen Punktwert; sie wird in EUR je Leistungsart besonders ausgewiesen. Vereinbarungen dieser Art sind mit Laufzeiten und Kündigungsfristen ausgestattet, die es ermöglichen, in Zeitabständen Veränderungen einzubeziehen (Gehaltssteigerungen, Weiterentwicklung von Qualitätsstandards o.Ä.).
In Fortführung der Verlautbarungen aus dem Jahre 1995 sind in diesem Zusammenhang die Empfehlungen der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Vergütung der Leistungen häuslicher Pflege vom 8.11.1996 (III. Das Vergütungssystem) von Bedeutung. Dort – und insbesondere in der diesen Empfehlungen beigefügten Anlage – werden die Bestandteile des Vergütungssystems nach 24 einzelnen Leistungskomplexen präzise beschrieben.
Die Leistungskomplexe sind so gestaltet, dass bei Kombination mehrerer keine Doppelabrechnungen entstehen. Sie bieten zudem die Möglichkeit, flexibel auf die individuellen Versorgungsbedürfnisse der Pflegebedürftigen zu reagieren und der individuellen Pflegesituation weitestgehend gerecht zu werden.
Die Empfehlungen sind indes – naturgemäß – nicht bindend und so haben sich von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sehr viele voneinander z.T. deutlich abweichende Leistungskomplexmodelle entwickelt. Diese Individualisierung und Regionalisierung erscheint nicht unproblematisch vor dem Hintergrund des Ansinnens der landes- oder gar bundesweit agierenden Pflegekas...