Dr. Thomas Becker-Evermann
0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 94 wurde mit Wirkung zum 1.6.1994 durch Art. 1 PflegeVG v. 26.5.1994 (BGBl. I S. 1014) eingeführt. Abs. 1 Nr. 7 wurde durch Art. 10 nach Maßgabe des Art. 67 des Sozialgesetzbuches – Neuntes Buch (SGB IX) – v. 19.6.2001 (BGBl. I S. 1046) mit Wirkung zum 1.7.2001 neu gefasst. Abs. 1 Nr. 6 wurde durch Art. 1 Pflege-Qualitätssicherungsgesetz (PQsG) v. 9.9.2001 (BGBl. I S. 2320) mit Wirkung zum 1.1.2002 geändert. Am selben Tag ist Abs. 1 Nr. 6a dieser Vorschrift in Kraft getreten. Abs. 2 Satz 2 wurde durch Art. 11 des Zweiten Betreuungsrechtsänderungsgesetzes (2. BtÄndG) v. 21.4.2005 (BGBl. I S. 1073) mit Wirkung zum 1.7.2005 neu eingefügt. Abs. 1 Nr. 3, 6a und 8 wurde durch das Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz) v. 28.5.2008 (BGBl. I S. 874) zum 1.7.2008 geändert, Abs. 1 Nr. 11 wurde ergänzend in das Gesetz aufgenommen.
Abs. 2 wurde durch Art. 107 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz – FGG-RG) v. 17.12.2008 (BGBl. I S. 2586) mit Wirkung zum 1.9.2009 erneut (redaktionell) geändert. Sodann wurde § 94 Abs. 1 Nr. 8 durch das Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (PNG) v. 23.10.2012 zum 30.10.2012 ergänzt. Durch Art. 1 Nr. 28 des Zweiten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Zweites Pflegestärkungsgesetz – PSG II) v. 21.12.2015 (BGBl. I S. 2424) ist Abs. 1 Nr. 7 und 8 mit Wirkung zum 1.1.2016 neu gefasst worden. Durch Art. 2 Nr. 42 des gleichen Gesetzes wurde mit Wirkung zum 1.1.2017 zudem Abs. 1 Nr. 3 geändert. Sodann wurde durch Art. 1 Nr. 17d des Dritten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Drittes Pflegestärkungsgesetz – PSG III) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191) mit Wirkung zum 1.1.2017 Abs. 1 Nr. 6 und 7 geändert.
Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 sind durch das Zweite Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (Zweites Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetz EU – 2. DSAnpUG-EU) v. 20.11.2019 (BGBl. I S. 1626) zum 26.11.2019 an die Europäischen Vorschriften angepasst worden, in dem die Begriffstrias der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung durch den Begriff Verarbeitung i. S. v. Art. 4 Nr. 2 DSGVO ersetzt worden ist. Schließlich wurde Abs. 2 Satz 1 durch Art. 10 Nr. 17 des Gesetzes für bessere und unabhängigere Prüfungen (MDK-Reformgesetz) v. 14.12.2019 (BGBl. I S. 2789) mit Wirkung zum 1.1.2020 geändert.
1 Allgemeines
Rz. 1a
§ 94 stellt für den Bereich der Pflegeversicherung die zentrale datenschutzrechtliche Vorschrift dar. Sie regelt abschließend, für welche Zwecke die Pflegekassen im Rahmen der ihnen gesetzlich zugewiesenen Aufgaben personenbezogene Daten verarbeiten dürfen (BT-Drs. 12/5262 S. 151). Mit dieser Regelung trägt der Gesetzgeber – vergleichbar der Vorschrift des § 284 SGB V für den Bereich der Krankenversicherung – dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit Rechnung. Der Inhalt des § 94 ist vor dem verfassungsrechtlichen Hintergrund (vgl. dazu die Komm. zu § 93) das Ergebnis einer gesetzgeberischen Abwägung zwischen den dem Persönlichkeitsschutz des Einzelnen bei Eingriffen in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dienenden Interessen und den Erfordernissen an eine sachgerechte und ordnungsgemäße soziale Aufgabenerfüllung. Anders als § 284 Abs. 1 SGB V für den Bereich der Krankenversicherung sieht § 94 für die Erfassung und Nutzung von versichertenbezogenen Angaben auf maschinell verwertbaren Datenträgern keine besonderen Restriktionen vor.
Aus Gründen der Transparenz haben die Pflegekassen den Umgang mit personenbezogenen Daten nach Maßgabe des § 286 SGB V offen zu legen (vgl. § 96 Abs. 2).
2 Rechtspraxis
2.1 Zulässigkeit der Datenverarbeitung (Allgemeines)
Rz. 2
Gemäß Abs. 1 dürfen die Pflegekassen für Zwecke der Pflegeversicherung personenbezogene Daten nur verarbeiten, soweit dies für eine der unter Nr. 1 bis 11 aufgeführten Aufgaben erforderlich ist. Der Aufgabenkatalog ist abschließend (Enumerationsprinzip). Zweifelhaft ist, ob hiervon alle Aufgaben der Pflegekassen lückenlos erfasst werden (krit. auch Didong, in: Hauck/Noftz, SGB XI, § 94 Rz. 4). Eine erweiternde Auslegung des Gesetzes ist gleichwohl aufgrund des aus dem Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 GG folgenden Gesetzesvorbehalts ausgeschlossen (anders noch in der Vorauflage unter Verweis auf Hauck/Haines, SGB V, Bd. 2, K § 284 Rz. 9 zu der vergleichbaren Problematik des § 284 SGB V). Vielmehr muss der Gesetzgeber, soweit Lücken offenbar werden, entsprechende Ermächtigungsgrundlagen schaffen, die den schonenden Ausgleich der widerstreitenden Interessen gewährleisten. Unterlässt er dies, bestehen keine datenschutzrechtlichen Eingriffsbefugnisse der Pflegekasse (ebenso Krahmer, in: LPK-SGB XI, § 94 Rz. 5).
Soweit es die Aufgabenstellung im Einzelfall erfordert, erstreckt sich die datenschutzrechtliche Legitimation zur Erhebung und V...