Dr. Thomas Becker-Evermann
Rz. 2
Im Rahmen der originär durch das Pflegeversicherungsgesetz zugewiesenen Aufgaben ist den Verbänden der Pflegekassen gemäß Abs. 1 Nr. 1 der Umgang mit personenbezogenen Daten zu Zwecken der Wirtschaftlichkeitsprüfung (§ 79) und Qualitätssicherung (§§ 112, 113, 114, 114 a, 115 und 117) gestattet. Die Norm ist im Zusammenhang mit § 94 Abs. 1 Nr. 6 zu sehen, der den Pflegekassen die Übermittlung der Daten an die Verbände ermöglicht. Die Regelungen sind erforderlich, weil die Verbände nicht über entsprechende Datenbestände verfügen, sodass sie auf die Übermittlung angewiesen sind (Koch, in: BeckOK-Großkommentar, SGB XI, § 95 Rz. 7; Prange, in: jurisPK-SGB XI, 3.Aufl., § 95 Rz. 68). Hierbei trägt die datenschutzrechtliche Erstreckung auf § 117 dem in dieser Vorschrift zum Schutz der Heimbewohner normierten Gebot einer engen Zusammenarbeit mit den staatlichen Heimaufsichtsbehörden folgerichtig auch für den Bereich der Qualitätssicherung Rechnung. Häufig wird es auf eine Kenntnis personenbezogener Daten hierbei nicht ankommen, sodass diese auch anonymisiert verarbeitet werden können (Prange, in: jurisPK-SGB XI, § 95 Rz. 69). Von der Vorschrift wird nur der Verarbeitung der Daten durch die Verbände selbst erfasst. Dagegen greift die Regelung nicht für die Verarbeitung von Daten durch Sachverständige im Rahmen der Wirtschaftlichkeits- und Abrechnungsprüfung nach § 79 SGB XI. Die Sachverständigen werden bezüglich der Übermittlung der Daten aber von den allgemeinen Vorschriften nach § 78 Abs. 1 Satz 1 SGB X i. V. m. § 93 SGB XI erfasst (Prange, in: jurisPK-SGB XI, § 95 Rz. 71).
Gemäß Abs. 1 Nr. 1a können Informationen über die Erbringer von Leistungen der Prävention, Teilhabe sowie von Leistungen und Hilfen zur Pflege von den Verbänden der Pflegekassen verarbeitet werden, um Leistungs- und Preisvergleichslisten über das Angebot der Leistungserbringer erstellen, fortschreiben und im Internet veröffentlichen zu können (BT-Drs. 18/5926 S. 97). Ziel ist, über das Angebot der Leistungserbringer zu beraten.
Des Weiteren erklärt Abs. 1 Nr. 2 die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Pflegekassenverbände für zulässig, soweit dies für den Abschluss und die Durchführung von Versorgungsverträgen (§§ 72 bis 74), für Pflegesatz- und Vergütungsvereinbarungen (§§ 85, 86, 89) sowie Verträgen zur integrierten Versorgung (§ 92b) erforderlich ist. Personenbezogene Daten werden dabei z. B. hinsichtlich der Frage, ob eine ausgebildete Fachkraft die Leitung der Pflegeeinrichtung übernommen hat (§ 71 Abs. 2 Nr. 1), erhoben.
Darüber hinaus erklärt Abs. 1 Nr. 3 infolge des Verweises auf die §§ 52, 53 den Umgang mit personenbezogenen Daten für zulässig, soweit dies zur Erfüllung der den Verbänden der Pflegekassen nach diesen Vorschriften zukommenden Aufgaben erforderlich ist.
Der Erlaubnistatbestand des Abs. 1 Nr. 4 wurde mit Wirkung zum 1.7.2008 neu in das Gesetz aufgenommen und stellt im Hinblick auf die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen der Versicherten (vgl. § 115 Abs. 3 Satz 7) eine notwendige datenschutzrechtliche Begleitregelung für die Verbände der Pflegekassen dar, wie sie vergleichsweise für die Pflegekassen in § 94 Abs. 1 Nr. 11 aufgenommen wurde (vgl. auch dort).
Liegt ein Tatbestand des Abs. 1 vor, ist zudem zu prüfen, ob die konkrete Verwendung erforderlich, d. h. verhältnismäßig, ist (vgl. dazu die Komm. zu § 94). Dieser allgemeine Grundsatz des Datenschutzrechtes ist ausdrücklich in Abs. 1 normiert.
Rz. 3
Im Rahmen der durch das Gesetz originär zugewiesenen Aufgaben sind die Verbände der Pflegekassen verantwortliche Stelle i. S. d. § 67 Abs. 4 SGB X. Demgegenüber verbleibt im Rahmen der Wahrnehmung von Unterstützungsaufgaben (vgl. hierzu § 211 Abs. 2, 3 SGB V) die datenschutzrechtliche Verantwortung als speichernde Stelle bei den Pflegekassen. Werden daher von den Verbänden der Pflegekassen im Rahmen der ihnen zukommenden Unterstützungsaufgaben Sozialdaten verarbeitet, so handelt es sich hierbei im Verhältnis zu den Mitgliedern regelmäßig um Auftragsdatenverarbeitung i. S. d. § 80 SGB X. Auch liegt allein bei der speichernden Stelle die Entscheidungskompetenz bezüglich der zulässigen Übermittlung der nach Maßgabe des § 95 verarbeiteten Sozialdaten an Dritte (vgl. §§ 67d bis 78 SGB X).