LfSt Rheinland-Pfalz v. 10.9.2015, S 2221 A - St 31 7
Berücksichtigung von Bonuszahlungen i.S. des § 65a SGB V; anhängiges BFH-/Revisionsverfahren
Mit Urteil vom 28.4.2015, 3 K 1387/14 (EFG 2015 S. 1357) hat das FG Rheinland-Pfalz entschieden, dass von der Krankenkasse im Rahmen eines „Bonusprogramms” geleistete Zahlungen den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG (Basis-Krankenversicherungsbeitrag) nicht mindern. Nach Auffassung des 3. Senats des FG besteht keine „Gleichartigkeit” zwischen der Bonuszahlung (hier der BKK) und den Beiträgen der Klägerin zu ihrer Basis-Krankenversicherung i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG. Denn „Beiträge zu Krankenversicherungen” seien nur solche Ausgaben, die zumindest im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stehen und damit – als Vorsorgeaufwendungen – letztlich der Vorsorge dienen (vgl. BFH-Urteil vom 18.7.2012, X R 41/11, BStBl 2012 II S. 821 zur Praxisgebühr und BFH-Beschluss vom 8.10.2013, X B 110/13, BFH/NV 2014 S. 154 zum Selbstbehalt). Das Bonusmodell der BKK hingegen stehe mit der Erlangung von Versicherungsschutz bei der BKK (Basis-Krankenversicherung) nicht in Zusammenhang, da dieser Versicherungsschutz unabhängig von der Teilnahme am Bonusmodell bestehe. Selbst wenn die Klägerin also keine (kostenfreien) Vorsorgemaßnahmen (Gesundheits-Check-Up, Krebsvorsorgeuntersuchung usw.) in Anspruch genommen hätte, hätte ihr Basis-Krankenversicherungsschutz bestanden. Eine Verrechnung ihrer Krankenversicherungsbeiträge mit der Bonuszahlung der BKK sei somit mangels „Gleichartigkeit” nicht zulässig.
Nach den Ausführungen im BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl 2013 I S. 1087, Rz. 71 ff., mindern dagegen Beitragsrückerstattungen – unabhängig von ihrer Bezeichnung – die nach § 10 Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 Buchstabe a EStG abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge. Beitragsrückerstattungen in diesem Sinne sind z.B. auch Prämienzahlungen i.S. von § 53 SGB V und Bonuszahlungen nach § 65a SGB V (Rz. 72).
Für die Minderung spricht zudem, dass die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung – bis auf einen Krankengeldanspruch – Basis-Krankenversicherungsbeiträge sind und die Bonuszahlung somit praktisch nur aus der steuerlich berücksichtigten Basisabsicherung stammen kann.
Die wegen grundsätzlicher Bedeutung eingelegte Revision ist beim BFH unter dem Az. X R 17/15 anhängig. Einsprüche unter Bezugnahme auf das Revisionsverfahren ruhen nunmehr kraft Gesetzes nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO. In der Datenbank für Rechtsbehelfe (DB-Rb) steht auf der Registerkarte Ruhensmanagement für diese Fälle inzwischen der Massenverfahrensvermerk „Kürzung Bonus bei Krankenversicherungsbeiträgen gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchstabe a EStG” zur Verfügung. Fälle, in denen bislang ein freier Ruhensgrund eingetragen wurde, sind entsprechend umzuspeichern.
Aussetzung der Vollziehung ist nicht zu gewähren.
In den eDaten „KV/PV” erfolgt keine Differenzierung zwischen den verschiedenen Beitragsrückerstattungen. Demzufolge werden Bonuszahlungen ggf. zusammen mit Beitragsrückerstattungen anderer Art übermittelt. Die genaue Höhe der Bonuszahlung ist daher ggf. – abhängig von den im Einzelfall vorgelegten Unterlagen – zu ermitteln.
Eine Verfahrensruhe – mit Blick auf das anhängige BFH-Verfahren – ist unabhängig davon zu gewähren, ob die Bonuszahlungen in Abhängigkeit oder losgelöst von nachgewiesenen Kosten geleistet wurden.
Mit den strittigen „Boni” nicht vergleichbar sind Beitragsrückerstattungen, die z.B. von der Techniker Krankenkasse für 2013 und 2014 in Höhe von jeweils 80 Euro gezahlt wurden; für 2013 ggf. anteilig (sog. „TK-Dividende”).
Bei der TK-Dividende handelt es sich um „echte” Beitragsrückerstattungen, die unstreitig auf die Basisabsicherung entfallen. Anders als Bonuszahlungen dient die TK-Dividende nicht der Förderung einer gesunden Lebensweise, sondern der „Beitragssenkung”. Da die TK bis 2014 ihren Beitragssatz aufgrund gesetzlicher Verpflichtung nicht senken konnte, hat sie in 2014 ihre Überschüsse abgebaut, indem sie „Dividenden” an ihre Mitglieder ausgezahlt hat.
Die TK-Dividende mindert daher im Erstattungsjahr die nach § 10 Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 Buchst. a EStG abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge. Das vorgenannte Revisionsverfahren ist hier nicht einschlägig.
Auch andere gesetzliche Krankenversicherungen haben in 2014 ihre Jahresergebnisse zum Anlass genommen ähnliche Prämien an ihre Mitglieder zu zahlen; vgl. hierzu die als Anlage beigefügte Übersicht (https://www.krankenkassen.de/gesetzliche-krankenkassen/krankenkasse-beitrag/praemie/).
Die Ausführungen in der E-Mail vom 29.6.2015 an die H-SGL-Einkommensteuer sind damit überholt.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a;
SGB V § 65a