BMF, Schreiben v. 11.4.2011, IV D 3 - S 7130/07/10008, BStBl I 2011, 459
Der EuGH hat mit dem Urteil vom 7.12.2006, C-240/05, Eurodental (HFR 2007 S. 176), entschieden, dass Umsätze, wie die Anfertigung und Reparatur von Zahnersatz, die nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe e der 6. EG-Richtlinie (seit 1.1.2007: Art. 132 Abs. 1 Buchstabe e MwStSystRL) innerhalb eines Mitgliedstaats von der Mehrwertsteuer befreit sind, ungeachtet der im Bestimmungsmitgliedstaat anwendbaren Mehrwertsteuerregelung kein Recht auf Vorsteuerabzug nach Art. 17 Abs. 3 Buchstabe b der 6. EG-Richtlinie (seit 1.1.2007: Art. 169 Buchstabe b MwStSystRL) eröffnen, selbst wenn es sich um innergemeinschaftliche Umsätze handelt.
Die Auslegung ergebe sich schon aus dem Wortlaut der 6. EG-Richtlinie. Sie werde sowohl durch das von ihr verfolgte Ziel als auch durch ihre Systematik und den Grundsatz der steuerlichen Neutralität bestätigt. Nach der Zielsetzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und der durch die Richtlinie 91/680/EWG eingeführten Übergangsregelung für die Besteuerung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten könne ein Unternehmer, dem eine Steuerbefreiung zugute kommt und der folglich nicht zum Abzug der innerhalb eines Mitgliedstaats gezahlten Vorsteuer berechtigt ist, dieses Recht auch dann nicht haben, wenn der betreffende Umsatz innergemeinschaftlichen Charakter hat. Weiterhin seien die in Art. 13 Teil A der 6. EG-Richtlinie (seit 1.1.2007: Art. 132 MwStSystRL) vorgesehenen Steuerbefreiungen dadurch, dass sie nur für bestimmte dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten gelten, die dort einzeln aufgeführt und sehr genau beschrieben sind, von spezifischer Natur, während die Steuerbefreiung zugunsten innergemeinschaftlicher Umsätze allgemeiner Natur sei, da sie sich in unbestimmter Weise auf die wirtschaftlichen Tätigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten beziehe. Unter diesen Umständen entspreche es der Systematik der 6. EG-Richtlinie, dass der Regelung, die auf die spezifischen Steuerbefreiungen des Art. 13 Teil A der 6. EG-Richtlinie (seit 1.1.2007: Art. 132 MwStSystRL) anwendbar ist, Vorrang vor derjenigen zuerkannt wird, die auf die von der Richtlinie vorgesehenen allgemeinen Steuerbefreiungen betreffend innergemeinschaftliche Umsätze anwendbar ist.
Außerdem verbiete der Grundsatz der steuerlichen Neutralität insbesondere, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Leistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln. Würden aber die nach Art. 13 Teil A Buchstabe e der 6. EG-Richtlinie (seit 1.1.2007: Art. 132 Abs. 1 Buchstabe e MwStSystRL) befreiten Umsätze, wenn sie innergemeinschaftlichen Charakter haben, das Recht auf Vorsteuerabzug eröffnen, wäre dieser Grundsatz nicht beachtet, da dieselben Umsätze, wenn sie im Inland eines Mitgliedstaats ausgeführt werden, nicht zu einem Abzug führen.
Aus dem o.a. EuGH-Urteil vom 7.12.2006 ist – auch für die Auslegung der MwStSystRL seit dem 1.1.2007 – der Schluss zu ziehen, dass die Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug (§ 4 Nr. 8 bis 28 UStG, § 25c Absatz 1 und 2 UStG) den Steuerbefreiungen mit Vorsteuerabzug (§ 4 Nr. 1 bis 7 UStG) vorgehen.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder werden entsprechend die Abschnitte 4.3.5, 4.4.1, 4.11b.1, 4.17.1, 4.19.1, 4.19.2, 4.25.1, 4.28.1, 6.1, 6a.1, 15.13, 25.2 und 25c.1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vom 1.10.2010 (BStBl 2010 I S. 846), der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 8.4.2011, IV D 2 – S 7410/07/10016 (2011/0276581) geändert worden ist, wie folgt geändert:
- In Abschnitt 4.3.5 wird in Absatz 1 Satz 1 die Angabe „für die in § 4 Nr. 8, 10 und 11 UStG bezeichneten Umsätze” durch die Angabe „für die in § 4 Nr. 8, 10, 11 und 11b UStG bezeichneten Umsätze” ersetzt.
In Abschnitt 4.4.1 wird folgender Satz 4 angefügt:
„4Liegen für Goldlieferungen nach § 4 Nr. 4 UStG auch die Voraussetzungen der Steuerbefreiung für Anlagegold (§ 25c Abs. 1 und 2 UStG) vor, geht die Steuerbefreiung des § 25c Abs. 1 und 2 UStG der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 4 UStG vor.”
In Abschn. 4.11b.1 wird folgender Absatz 14 angefügt:
„(14) Liegen für Leistungen nach § 4 Nr. 11b UStG auch die Voraussetzungen der Steuerbefreiung für Leistungen im Zusammenhang mit Gegenständen der Ausfuhr (§ 4 Nr. 3 Satz 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa UStG) vor, geht die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 11b UStG dieser Steuerbefreiung vor.”
In Abschnitt 4.17.1 wird folgender Absatz 4 angefügt:
„(4) Liegen für die Lieferungen nach § 4 Nr. 17 Buchstabe a UStG auch die Voraussetzungen einer Ausfuhrlieferung (§ 4 Nr. 1 Buchstabe a, § 6 UStG) bzw. einer innergemeinschaftlichen Lieferung (§ 4 Nr. 1 Buchstabe b, § 6a UStG) vor, geht die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 17 Buchstabe a UStG diesen Steuerbefreiungen vor.”
In Abschnitt 4.19.1 wird folgender Absatz 4 angefügt:
„(4) Liegen für die Lieferungen durch einen in § 4 Nr. 19 Buchstabe a UStG genannten Unternehmer auch die Voraussetzungen einer Ausfuhrlieferung (§ 4 Nr. 1 Buchstabe...