Dipl.-Psych. Julia Scharnhorst
Aus dem arbeitspsychologischen Stressmodell ergeben sich verschiedene Ansätze für Interventionen. Auf jeden Fall sollten die spezifischen Stressoren und Ressourcen analysiert werden, bevor präventive Maßnahmen geplant und ergriffen werden.
3.1 Verringerung von bedingungs- und personenbezogenen Stressoren
Im ersten Schritt zur Verringerung der Stressbelastung wird analysiert, welche Arbeitsbedingungen zu Stress und gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Diese Analyse kann z. B. über Mitarbeiterbefragungen oder einen Gesundheitszirkel durchgeführt werden. Aus den ermittelten Belastungsschwerpunkten ergeben sich verschiedene grundsätzliche Ansatzpunkte zu deren Verringerung:
- Veränderungen bei Arbeitsaufgaben und -organisation: Maßnahmen zur Umorganisation von Arbeits- und Informationsabläufen, realistische Zeitplanung, Verringerung von Störungen usw.;
- Beseitigung negativer Einflüsse der Arbeitsumgebung. Dies geschieht meist durch technische Lösungen, z. B. Lärmschutz.
Außerdem kann bei den Risikofaktoren der einzelnen Mitarbeiter angesetzt werden, z. B. in Form von Stressmanagement-Seminaren. Personenbezogene Risikofaktoren, die sich verändern lassen, sind z. B. negative Verhaltensmuster oder pessimistische und hilflose Einstellungen und Überzeugungen.
3.2 Aufbau von bedingungs- und personenbezogenen Ressourcen
Auch der Aufbau von Ressourcen, also Kraftquellen und Hilfsmöglichkeiten, kann ein hilfreicher Ansatz sein, um Stressbelastungen zu verringern. In der Arbeitsumgebung können z. B. folgende Ressourcen helfen:
- Erweiterung des Handlungsspielraums;
- Verbesserung der Zusammenarbeit im Team;
- gesundheitsgerechter Führungsstil.
Jeder Einzelne kann ebenfalls seine Kraftquellen erweitern, z. B. durch den Ausbau des sozialen Netzwerks oder durch die Aneignung von Fachkenntnissen oder Fähigkeiten, z. B. durch ein Zeitmanagement-Seminar.
3.3 Veränderung von Bewertung, Bewältigung und Stressfolgen
Da das Gefühl einer Stressbelastung häufig durch die Bewertung der Situation entsteht, kann es sinnvoll sein, sich diese Bewertungsmuster zu verdeutlichen und durch besser geeignete zu ersetzen. Dazu gehört auch, sich Hilfsmöglichkeiten bewusst zu machen und sie bei Bedarf auch zu nützen, z. B. Zeitpläne neu zu priorisieren oder Aufgaben auch wieder abgeben zu können. Im Sinne der Förderung der Resilienz – also der Widerstandsfähigkeit gegenüber Krisen oder Dauerstress – kann es auch nützlich sein, sich klarzumachen, dass wir aus Krisen oft auch Neues lernen und neue Fähigkeiten entwickeln.
Nach dem transaktionalen Stressmodell können einerseits das problem- und andererseits das emotionsorientierte Coping gefördert und trainiert werden.
Zum Aufbau neuer Bewältigungsstrategien können z. B. Techniken der Problemlösung erlernt werden. Wichtig ist auch eine Unternehmenskultur, in der das "Nein-Sagen" bei Überforderung erlaubt ist.
Stressfolgen lassen sich auch durch Entspannungsübungen, z. B. Autogenes Training oder Yoga, sowie durch körperliche Bewegung abbauen und verringern. Entsprechende Angebote können z. B. über die Betriebliche Gesundheitsförderung vorgehalten werden.