Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Tageslichteinfluss und erst recht Sichtverbindung nach außen ist mehr als nur eine Frage der Beleuchtung, denn Tageslicht unterstützt die Lebenskraft eines Menschen auf unterschiedliche Weise. Dabei ist es kaum möglich und für die betriebliche Praxis auch nicht nötig, physiologische Faktoren (z. B. Einwirkungen von Sonnenlicht auf bestimmte Stoffwechselprozesse) und psychische Faktoren (Gefühl des Eingeschlossenseins) zu trennen. Tatsache ist aber, dass manche Menschen extrem empfindlich auf den Entzug von Tageslicht reagieren (Beispiel Winterdepression) und dann unter Beschwerden, wie Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Abwehrschwäche usw., leiden.
Kritische Arbeitsplätze in der Gefährdungsbeurteilung regelmäßig überprüfen
Wenn in den o. g. Ausnahmefällen Arbeitsräume ohne Tageslicht betrieben werden müssen, sollte das in der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt werden. Gesundheitliche Probleme, die mit fehlendem Tageslichteinfluss zusammenhängen und für die Betroffenen zu einem ernsten Problem werden können, treten manchmal auch erst nach längerer Zeit auf, nachdem der tageslichtlose Arbeitsplatz zunächst gut akzeptiert wurde.
Tageslicht wird (gerade in jüngeren architektonischen Konzepten) den Arbeitsräumen nicht nur durch Fenster und (Glas-)Türen, sondern auch durch Dachoberlichter und weitere lichtdurchlässige Bauteile zugeführt. Als ausreichend gilt der Tageslichteinfall nach Abschn. 4.1 ASR A3.4, wenn
- am Arbeitplatz ein Tageslichtquotient größer als 2 %, bei Dachoberlichtern größer als 4 % erreicht wird oder
- mindestens ein Verhältnis von lichtdurchlässiger Fenster-, Tür- oder Wandfläche bzw. Oberlichtfläche zur Raumgrundfläche von mindestens 1:10 (entspricht ca. 1:8 Rohbaumaße), eingehalten ist.
Der Tageslichtquotient D ist dabei das Verhältnis der Beleuchtungsstärke an einem Punkt im Innenraum Ep zur Beleuchtungsstärke im Freien ohne Verbauung Ea bei bedecktem Himmel. D = Ep/Ea × 100 %.
Wenn ein ausreichender Tageslichteinfall nicht gewährleistet werden kann, weil zwingende betriebliche Gründe dagegen sprechen, sollen im Interesse des Gesundheitsschutzes geeignete Ausgleichsmaßnahmen ergriffen werden, z. B. wechselnde Arbeitsbereiche, Pausenaufenthalt in Räumen mit Tageslichteinfall usw.
Tageslichtlenkung
Systeme zur optischen Weiterleitung von Tageslicht in Bereiche, die sonst keinen Lichteinfall haben, sind zwar noch selten, aber durchaus erprobt und stehen baureif zur Verfügung. Damit können mind. punktuell kritische Arbeitsbedingungen entschärft werden. Das künstlich geleitete Tageslicht ist nicht nur eine angenehme und energiesparende Beleuchtung, sondern beugt durch den erkennbaren Wechsel der Tageszeiten auch etwas dem Effekt des "Eingesperrtseins" vor, der durch fehlenden Sichtkontakt entsteht (s. u.).