Bei den Erscheinungsformen von Tarifverträgen bestehen vielfältige Differenzierungsmöglichkeiten. Die häufigsten Unterscheidungen werden nach
- dem Gegenstand des Tarifvertrags (Mantel-, Lohnrahmen- bzw. Lohntarif) und
- der Abschlussform (Verbands- bzw. Flächentarifvertrag; Firmentarifvertrag)
vorgenommen. Daneben existieren noch besondere Erscheinungsformen, deren wichtigste
- Anschluss- bzw. Paralleltarifverträge,
- mehrgliedrige Tarifverträge sowie
- Stufentarifverträge
sind.
5.1 Unterscheidung nach dem Gegenstand
Tarifverträge werden vielfach nach ihrem Gegenstand unterschieden. Haupterscheinungsformen sind
- Mantel- bzw. Rahmen-,
- Lohnrahmen-,
- Lohn- bzw. Entgelt- und
- Tarifverträge über einzelne Leistungsarten (Sonderzuwendungen, Urlaub, Arbeitszeit).
Unter Mantel – bzw. Rahmentarifverträgen versteht man die Vereinbarung einer Vielzahl von Arbeitsbedingungen in einem Tarifvertrag. Manteltarifverträge sind oftmals kleine Gesetzbücher für eine Branche und werden mit einer längeren Mindestlaufzeit und ohne zeitliche Befristung abgeschlossen.
Gegenstände von Manteltarifverträgen
Arbeitszeit, Ausschlussfristen, Auslöse, Entgeltfortzahlung, Formvorschriften, Freistellungsregelungen, Kündigungsregelungen, Nebentätigkeiten, Urlaubsregelungen, Sonderkündigungsschutz, Zuschläge für Mehrarbeit, Schichtarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit.
Bekannte Mantel- bzw. Rahmentarifverträge sind z. B. der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen (TVöD), der Manteltarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie Nordwürttemberg-Nordbaden, der Manteltarifvertrag für die chemische Industrie.
Ein Lohnrahmentarifvertrag (auch Gehaltsrahmen- oder Entgeltrahmentarifvertrag) enthält eine Vergütungsordnung für die unter seinen Geltungsbereich fallenden Arbeitnehmer und bestimmt deren Eingruppierung. In ihm findet sich eine Beschreibung von Tätigkeiten und deren Zuordnung zu einer bestimmten Lohn-/Vergütungs-/Entgeltgruppe. Regelmäßig wird die Höhe der Vergütung zu den Gruppen eines Lohnrahmentarifvertrags nicht in diesem selbst, sondern in gesonderten Lohntarifen neu festgesetzt. Lohnrahmentarifverträge haben regelmäßig eine längere Laufzeit und sind ordentlich kündbar.
In Lohn-, Gehalts- bzw. Entgelttarifverträgen wird die Vergütungshöhe für die einzelnen Lohn-/Vergütungs-/Entgeltgruppen festgesetzt. Diese Tarifverträge werden für einen Zeitraum von meist etwa 1 bis 2 Jahre abgeschlossen, sie enden oft nach Ablauf dieses Zeitraums und werden regelmäßig durch nachfolgende Tarifverträge ersetzt. Bis zum Neuabschluss gelten sie kraft Nachwirkung (§ 4 Abs. 5 TVG) weiter, wenn die Tarifvertragsparteien nichts anderes vereinbart haben.
Schließlich ist noch der Abschluss von Tarifverträgen über einzelne Arbeitsbedingungen zulässig und üblich. So können Sonderzuwendungen bzw. Gratifikationen in einem eigenständigen Tarifvertrag geregelt werden, verbreitet ist auch der Abschluss von Tarifverträgen über den Urlaubsanspruch und sonstige Bestimmungen zum Urlaubsentgelt bzw. -geld oder Tarifverträge zur Entgeltumwandlung.
Eine weitere Erscheinung sind Tarifsozialpläne oder Sozialtarifverträge. Dabei handelt es sich um Regelungen zum Ausgleich und Milderung von wirtschaftlichen Nachteilen für Arbeitnehmer durch eine Betriebsänderung i. S. d. § 111 BetrVG. Der Tarifsozialplan ist somit ein Sozialplan i. S. d. § 112 BetrVG, allerdings abgeschlossen nicht durch die Betriebspartner, sondern durch die Tarifpartner, oft in Form eines Firmentarifvertrages.
5.2 Unterscheidung nach der Abschlussform
Die Differenzierung nach Verbands- bzw. Flächentarifvertrag und Firmentarifvertrag betrifft die Abschlussform des Tarifvertrags auf Arbeitgeberseite sowie die Reichweite seiner Geltung. Ein Verbandstarifvertrag wird zwischen einer (oder mehreren) Vereinigung(en) von Arbeitgebern (Arbeitgeberverband) und einer oder mehreren Gewerkschaften abgeschlossen. Sein Geltungsbereich betrifft regelmäßig die Betriebe einer Branche in einem räumlich abgeschlossenen Tarifgebiet. Es handelt sich in diesem Fall um einen Flächentarifvertrag. Letzteres muss sich nicht mit den Grenzen eines Bundeslandes decken, sondern ist von den Satzungen der tarifschließenden Verbände abhängig. In einigen Branchen ist es üblich, bundesweite Tarifverträge zu schließen (z. B. Chemieindustrie). Die Tarifverträge einer Branche, insbesondere die Entgelttarifverträge, gelten oft zwar nur für den jeweiligen Bezirk. Dennoch sind sie oft bundesweit ähnlich bis hin zu wortgleich.
Verbands/-Flächentarifvertrag
Im Bereich der Metall- und Elektroindustrie war in der Vergangenheit oftmals der Tarifbezirk Nordwürttemberg-Nordbaden Vorreiter für die gesamte Branche. Der dortige Tarifabschluss wurde weitgehend inhaltlich unverändert von den anderen Tarifbezirken übernommen.
Nach § 2 Abs. 1 TVG kann aber auch der einzelne Arbeitgeber Tarifvertragspartei sein. Schließt er mit einer oder mehreren Gewerkschaften einen Tarifvertrag ab, spricht man von Firmen- bzw. Haustarifvertrag (auch Werk- oder Unternehmenstarifvertrag genannt). ...