Wo also soll die Retrospektive stattfinden? Rein virtuell, remote oder gar hybrid, mit einem Teil der Teammitglieder im Homeoffice und anderen vor Ort? Beide Welten haben ihre jeweiligen Vor- und Nachteile – nur eins ist gewiss: Das hybride Modell ist besonders herausfordernd – gerade bei einer Team Retrospektive. Es erfordert sehr mehr Erfahrung und Professionalität bei der Moderation, um das natürlich entstehende Gefälle zwischen den Teammitgliedern, Remote und Präsenz auszugleichen. Einfacher ist es, sich mit dem Team entweder auf "vor Ort" oder "rein Online" zu einigen. Wichtig ist dabei die Entscheidung bewusst und durch Abwägung der wichtigsten Vor- und Nachteile zu treffen.
6.1.1 Online-Retro
Pro
+ Live-Reaktionen, kleine Abstimmungen oder das Teilen von Feedbacks funktionieren z. B. bei einem virtuellen Board wie Miro mit nur wenigen Mausklicks, auch kurze Umfragen funktionieren schnell, zudem gibt es unzählige Möglichkeiten bei weiteren digitalen Tools.
+ Alle Informationen sind direkt für alle zugänglich am gleichen Ort. Templates können leichter abgelegt werden und gesammelte Aspekte müssen nicht nochmal vom Flipchart im Office in ein PDF übertragen werden, oder abfotografiert und allen zur Verfügung gestellt werden
Contra
- Emotionen können digital viel schlechter erfasst und gedeutet werden. Darüber hinaus ist es für "stille" oder unvorbereitete Teammitglieder online leichter, sich zu "verstecken".
- Der Teambildungs- und Spaßfaktor ist in Präsenz höher!
6.1.2 Präsenz-Retro
Pro
+ Die physische Präsenz schweißt das Team stärker zusammen, denn der Mensch ist ein Wesen, dass den dreidimensionalen Raum natürlicherweise am meisten gewohnt ist.
+ Vertrauen kann in Präsenz noch besser aufgebaut werden (differenziertere Mimik, Körpersprache etc.), gerade weil es in der Retro um menschliche Aspekte und Feedback in der Zusammenarbeit geht.
Contra
- Interaktives Arbeiten, beispielsweise das Kleben von Post-its ist vor Ort langsamer und hat ab einer gewissen Menge an Personen Grenzen, oder muss durch gezielte Workshop-Methoden wie beispielsweise der World-Café-Methode abgefangen werden.
- Übersichtlichkeit und Transparenz ist vor Ort trotz Hilfsmittel wie Flipchart schwieriger umzusetzen, denn die Reaktionen aus dem Team zu bündeln und alle gemeinsam umsortieren lassen ist nicht nur mehr Aufwand, sondern funktioniert je nach Teamgröße auch gar nicht gut.
6.1.3 Hybrid-Retro – vor Ort und Online zugleich
Contra
- Natürlicherweise entstehen im Raum mehr Interaktionen, wovon virtuelle Teilnehmer ausgegrenzt sind. Es entsteht immer ein Gefälle bei hybriden Meetings, die Trennlinie verläuft zwischen virtuellen Teilnehmer und Teammitgliedern in Präsenz.
- Das gemeinsame Erarbeiten an Flipcharts im Büro ist nicht möglich
- Trotz sehr guter Technik in gut ausgestatteten Büros sind Wortbeiträge in einem Raum von Kollegen im Homeoffice schlechter zu verstehen. Dadurch entsteht ein Nachteil für die virtuell teilnehmenden Mitglieder.
Lösungsmöglichkeiten Bei Hybrid-Working
Wenn alle Teammitglieder trotz der Präsenz im Büro auch virtuell auf dem Whiteboard eingeloggt sind und am Onlinemeeting "gleichberechtigt" teilnehmen, gleicht das den "Präsenz-Vorteil" etwas aus.
Wenn nun auch der Moderator die Kompetenz besitzt, beide Welten gut zu vereinen, beispielsweise indem präzise darauf geachtet wird, dass alle Teammitglieder Initiative zeigen, interagieren und gleichermaßen mitdiskutieren, kann die Zwei-Welten-Dynamik zwischen Präsenz und Virtualität noch besser reduziert werden.