Prof. Dr. jur. Tobias Huep
Der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer hat grundsätzlich keinen generellen, voraussetzungslosen Anspruch auf Erhöhung seiner vertraglichen Arbeitszeit. Teilt er jedoch dem Arbeitgeber seinen Wunsch nach einer Erhöhung der Arbeitszeit gemäß § 9 TzBfG durch eine entsprechende Anzeige in Textform mit, muss dieser ihn bei der Besetzung eines passenden Arbeitsplatzes gegenüber einem gleich geeigneten vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer bevorzugt berücksichtigen. Der vom Arbeitnehmer angezeigte Wunsch nach einer Arbeitszeitverlängerung führt im ersten Schritt nur zu einem Informationsanspruch gemäß § 7 Abs. 2 TzBfG. Auf Grundlage dieser Information muss dann der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber ein entsprechendes, ausreichend bestimmtes Vertragsangebot zukommen lassen.
Liegen die Voraussetzungen des § 9 TzBfG vor, hat der Arbeitnehmer einen (einklagbaren) Rechtsanspruch auf Verlängerung seiner Arbeitszeit. Ein freier, zu besetzender Arbeitsplatz liegt dabei immer dann vor, wenn der Arbeitgeber die organisatorische Entscheidung getroffen hat, einen neuen Arbeitsplatz zu schaffen oder einen bestehenden, aber aktuell nicht besetzten Arbeitsplatz erneut zu besetzen. Die Befriedigung des erhöhten Beschäftigungsbedarfs darf der Arbeitgeber auch durch die bloße Verlängerung der Arbeitszeiten teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer abdecken – er ist nicht verpflichtet, in solchen Fällen neue Stellen einzurichten, ein Anspruch aus § 9 TzBfG entsteht in diesen Fällen nicht. Diese grundsätzlich freie organisatorische Entscheidung des Arbeitgebers darf jedoch nicht missbräuchlich zur Umgehung von § 9 TzBfG genutzt werden. Dies kann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber, ohne dass dafür sachliche Gründe vorliegen, weitere Teilzeitarbeitsplätze einrichtet, statt die Arbeitszeiten der aufstockungswilligen Arbeitnehmer zu verlängern.
Will der Arbeitgeber dem angezeigten Wunsch des Teilzeitbeschäftigten nicht entsprechen, muss er das Bestehen der nachfolgenden Ausschlussgründe darlegen und ggf. beweisen:
- Dringende betriebliche Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer Teilzeitbeschäftigter stehen einer Verlängerung der Arbeitszeit entgegen,
- der angestrebte Arbeitsplatz entspricht dem bisherigen Arbeitsplatz des Arbeitnehmers nicht,
- der Arbeitsplatz ist nicht frei,
- der Teilzeitbeschäftigte ist nicht mindestens gleich geeignet wie ein anderer bevorzugter Bewerber.
Wird dem Wunsch des Arbeitnehmers nicht entsprochen und die Stelle anders besetzt, geht der Anspruch des teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers gemäß § 275 Abs. 1 BGB unter; es entsteht auch kein (Schadensersatz-)Anspruch darauf, einen weiteren Arbeitsplatz zu schaffen. Der mögliche Schadensersatzanspruch umfasst (nur) die durch die Nichtberücksichtigung eingetretenen finanziellen Nachteile.
Bei mehreren, gleich geeigneten Teilzeitbeschäftigten ist der Arbeitgeber frei in seiner Entscheidung, für welchen Arbeitnehmer er sich entscheidet.