Rz. 49
Arbeitnehmerähnliche Personen sind keine Arbeitnehmer, werden aber von einigen arbeitsrechtlichen Gesetzen als dem Arbeitnehmer vergleichbar eingestuft und daher vom arbeitsrechtlichen Schutz erfasst. Für die Klage arbeitnehmerähnlicher Personen sind die ArbG zuständig, sie haben einen gesetzlichen Urlaubsanspruch, die Unfallverhütung des Arbeitgebers kommt nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 ArbSchG auch ihnen zugute, nach § 12a TVG können die TV-Parteien auch zu ihren Gunsten TV vereinbaren. Auch gibt es ländergesetzliche Bestimmungen, wonach arbeitnehmerähnliche Personen einen Anspruch auf Bildungsurlaub haben, z. B. § 2 Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz NW. Ansonsten sind arbeitsrechtliche Vorschriften grds. nicht anwendbar. § 613a BGB etwa ist bei Betriebsübergang nicht analog heranzuziehen. Auch die Haftungserleichterungen des betrieblichen Schadensausgleichs kommen nach h. M. nur dem Arbeitnehmer zugute. Ebenfalls nur auf Arbeitsverhältnisse anwendbar ist das Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Besondere Regelungen gelten bei der Beendigung eines Dienstvertrags mit arbeitnehmerähnlichen Personen: Der allgemeine und besondere arbeitsrechtliche Kündigungsschutz sind nicht anwendbar, jedoch kann das arbeitnehmerähnliche Dauerrechtsverhältnis des freien Mitarbeiters mangels Vorliegens eines wichtigen Grunds von der Rundfunkanstalt nur mit einer Ankündigungsfrist von 2 Wochen rechtswirksam gelöst werden. Das "arbeitnehmerähnliche Dauerrechtsverhältnis" schafft ein schuldrechtliches Band zwischen den Vertragspartnern. Daraus folgt für den Dienstherrn die Pflicht, auf die Belange eines von ihm wirtschaftlich völlig abhängigen freien Mitarbeiters gebührend Rücksicht zu nehmen, d. h. insb., diesen nicht plötzlich seiner Existenzgrundlage zu berauben. Ansonsten kann der Auftraggeber das Vertragsverhältnis einer arbeitnehmerähnlichen Person aus allen ihm als richtig erscheinenden Gründen beenden. Ausgeschlossen sind lediglich sittenwidrige Motive, wie die Vergeltung für die Geltendmachung von Ansprüchen. Dagegen reicht es nicht, wenn die Geltendmachung von Ansprüchen lediglich zum Anlass für die Beendigung genommen wird. Die TV-Parteien können die Rechtsverhältnisse arbeitnehmerähnlicher Personen in der Weise regeln, dass eine Beendigung durch Zugang einer Beendigungsmitteilung bewirkt wird. Einige Stimmen im Schrifttum fordern mit überzeugenden Gründen im Hinblick auf die Rspr. des BVerfG zum Kündigungsschutz in Kleinbetrieben weitergehend noch einen Mindestkündigungsschutz auch hier. Der besondere Diskriminierungsschutz des AGG ist auf Arbeitnehmerähnliche anwendbar.
Rz. 50
Kennzeichnend für die Gruppe der arbeitnehmerähnlichen Personen ist ihre wirtschaftliche Abhängigkeit. Sie sind wegen ihrer fehlenden Eingliederung in die betriebliche Organisation und die Möglichkeit, über ihre Arbeitszeit im Wesentlichen frei zu bestimmen, in geringerem Maße persönlich abhängig als Arbeitnehmer. Arbeitnehmerähnliche Personen sind daher Selbstständige.
Rz. 51
Einen einheitlichen Begriff der arbeitnehmerähnlichen Person gibt es freilich nicht. § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG definiert sie als "Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind". Sprachlich leicht abweichend nennt sie § 2 Satz 2 BUrlG "Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind". Eine verbreitet zur näheren Bestimmung des Begriffs der arbeitnehmerähnlichen Person herangezogene Legaldefinition findet sich in § 12a Abs. 1 TVG. Eine arbeitnehmerähnliche Person ist danach eine Person, die wirtschaftlich abhängig und vergleichbar einem Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig ist. Diese Definition macht sich auch die Rspr. außerhalb des Tarifrechts zu eigen. Für das Kriterium der sozialen Schutzbedürftigkeit sind die gesamten Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung maßgeblich. Soziale Schutzbedürftigkeit ist anzunehmen, wenn das Maß der Abhängigkeit nach der Verkehrsanschauung einen solchen Grad erreicht, wie er im Allgemeinen nur in einem Arbeitsverhältnis vorkommt und die geleisteten Dienste nach ihrer sozialen Typik mit denen eines Arbeitnehmers vergleichbar sind. Die TV-Parteien können den Begriff der sozialen Schutzbedürftigkeit nicht über den gesetzlichen Begriff hinaus erweitern und damit weitere Personenkreise in den Geltungsbereich eines TV einbeziehen. Ein derartiger TV ist teilweise unwirksam. Wirtschaftliche Abhängigkeit setzt grundsätzlich voraus, dass das Verhältnis nur zu einem Vertragspartner besteht; eine Ausnahme ist aber dann zuzubilligen, wenn die Vertragspartner einem Konzern angehören und der eine Vertragspartner 100-prozentiger Inhaber des anderen ist.