Rz. 31

Soweit unter mehreren Arbeitnehmern eine Auswahl zu treffen ist, gebietet der verfassungsrechtliche Schutz des Arbeitsplatzes in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip ein gewisses Maß an sozialer Rücksichtnahme; dabei darf auch ein durch langjährige Mitarbeit erdientes Vertrauen in den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses nicht unberücksichtigt bleiben.[1] Zu dem Erfordernis der Berücksichtigung des durch langjährige Beschäftigung entstandenen Vertrauens führt das BAG[2] aus, der Grund für Kündigungen gegenüber langjährig beschäftigten Arbeitnehmern müsse auch angesichts der Betriebszugehörigkeit "einleuchten"; hieraus leitet das BAG ab, es könne als treuwidrig zu werten sein, wenn der Arbeitgeber die Kündigung auf auch im Kleinbetrieb eindeutig nicht ins Gewicht fallende einmalige Fehler eines seit Jahrzehnten beanstandungsfrei beschäftigten Arbeitnehmers stützen will.

 

Rz. 32

Nach der Rspr. des BAG scheidet der Vorwurf willkürlicher, sachfremder oder diskriminierender Ausübung des Kündigungsrechts dagegen aus, wenn ein irgendwie einleuchtender Grund für die Rechtsausübung vorliegt (s. Rz. 27).[3]

 

Rz. 33

Das BAG lehnt allerdings die Auffassung ab, allein eine Betriebszugehörigkeit von 25 Jahren führe bereits zur Anwendung der nach dem Kündigungsschutzgesetz geltenden Maßstäbe[4]; dem Standpunkt, nach 3 oder 5 Jahren sei davon auszugehen, die Arbeitsvertragsparteien hätten sich auf die Bewertungsmaßstäbe des KSchG stillschweigend geeinigt, widerspricht das BAG. Das LAG Schleswig-Holstein[5] erachtete sowohl den Grund, die Position des Marktleiters zur Verbesserung der Umsatzsituation neu zu besetzen, als auch den Grund, die Zusammenarbeit des Arbeitnehmers mit dem neuen Marktleiter sei nicht reibungslos gewesen, als ausreichende Gesichtspunkte, die die Kündigung auch unter Berücksichtigung einer 25-jährigen Beschäftigungszeit des Arbeitnehmers rechtfertigten. Eine Kündigung verstößt nicht bereits dann gegen Treu und Glauben, wenn der gekündigte Arbeitnehmer neben seinem Lebensalter von 55 Jahren eine besonders lange Betriebszugehörigkeit (hier: 40 Jahre) aufzuweisen hat.[6]

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