Rz. 95
Die Pflicht zur Weiterbeschäftigung resultiert aus dem durch den Arbeitsvertrag begründeten Arbeitsverhältnis, das durch die rechtskräftige Abweisung der Kündigungsschutzklage auflösend bedingt ist.[1] § 102 Abs. 5 BetrVG ist insoweit nur eine mittelbare Anerkennung des vertragsimmanenten Beschäftigungsanspruchs zu entnehmen.[2]
Der Weiterbeschäftigungsanspruch führt zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem bisherigen Vertragsinhalt. Daher gilt:
- Der Arbeitnehmer ist zur Arbeitsleistung verpflichtet.
- Gleichzeitig ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer auch tatsächlich zu beschäftigen.[3]
- Der Arbeitnehmer hat gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Arbeitsentgelt, auch wenn die Kündigung sozial gerechtfertigt und daher wirksam war.
- Der Arbeitnehmer hat weiterhin einen Anspruch auf Nebenleistungen, so kann z. B. eine Werkmietwohnung nicht nach § 576 BGB gekündigt werden.
- Soweit Leistungen des Arbeitgebers nach ihrem Grund und ihrer Höhe von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängen, wird auf sie die Beschäftigungszeit nach Ablauf der Kündigungsfrist auch bei einem negativen Ausgang des Kündigungsschutzprozesses angerechnet, da der Arbeitnehmer während des Weiterbeschäftigungsverhältnisses auch seine Vertragsrechtsstellung behält.[4] Dies gilt allerdings nicht für einen Erwerb der Unkündbarkeit.[5]
- Der Arbeitnehmer behält seine kollektivrechtliche Stellung innerhalb der Belegschaft, ist also bei einer Betriebsratswahl wahlberechtigt und wählbar.
Rz. 96
Rechtsgrund für den Anspruch des Arbeitnehmers auf tatsächliche Beschäftigung ist das Arbeitsverhältnis[6], sodass der Anspruch nur in den Grenzen besteht, wie sie für ein nicht gekündigtes Arbeitsverhältnis bestehen.[7] Die Kündigung selbst ist kein Grund, um ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers an einer Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers anzuerkennen.
Lehnt der Arbeitgeber das Weiterbeschäftigungsverlangen des Arbeitnehmers ab, so hat der Arbeitnehmer den Anspruch auf Lohnzahlung nach § 615 BGB auch dann, wenn der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess obsiegt, da das Arbeitsverhältnis erst mit Rechtskraft der Entscheidung über die Kündigungsschutzklage endet.[8]
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