Rz. 11
Aber auch wenn die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Arbeitgeber erfolgt, kann dies zu einem Sperrzeit-Tatbestand führen. Zwar ist in der bloßen Hinnahme einer vorher nicht abgesprochenen Arbeitgeberkündigung, selbst wenn diese sich als rechtswidrig erweist, kein versicherungswidriges Verhalten zu sehen. Dies ist aber schon dann anders, wenn der Beschäftigte seine Kündigung initiiert, etwa indem er den Arbeitgeber bittet, ihm rechtmäßig zu kündigen. Ausdrücklich geregelt hat der Gesetzgeber aber auch den Fall, dass der Arbeitnehmer durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gibt (§ 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Alt. 2 SGB III). Insofern kann eine verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitgebers dazu führen, dass beim Arbeitslosen eine Sperrzeit eintritt. Um eine verhaltensbedingte Kündigung handelt es sich auch dann, wenn diese später vor dem Arbeitsgericht durch Vergleich in eine betriebsbedingte Kündigung umbenannt wird. Für die Auslösung des Sperrzeit-Tatbestands ist allein maßgeblich, dass ein vertragswidriges Verhalten vorliegt, welches den Arbeitgeber zur Kündigung berechtigt und er hiervon auch Gebrauch macht (etwa Verlust seiner Fahrerlaubnis aufgrund einer privaten Trunkenheitsfahrt, wobei hierbei der Wertungsmaßstab entsprechend der sog. "Emmely"-Rechtsprechung des BAG zu berücksichtigen ist. Es gilt hier also ein arbeitsrechtlicher Maßstab, wonach es allein darauf ankommt, ob ein "verständiger Arbeitgeber" aufgrund der Pflichtverletzung eine Kündigung hätte aussprechen dürfen. Allein aus dem Umstand, dass der Arbeitnehmer gegen eine arbeitgeberseitige Kündigung keine Kündigungsschutzklage erhebt, kann aber nicht schon geschlossen werden, dass eine entsprechende vertragliche Pflichtverletzung vorliegt. Voraussetzung ist vielmehr, dass eine vertragliche Pflichtverletzung, die zur Kündigung berechtigt, feststellbar ist. Dies muss durch die Arbeitsagenturen bzw. die Sozialgerichte eigenständig geprüft werden. Hierbei besteht keine Bindung an etwaige Entscheidungen der Gerichte für Arbeitssachen. Unerheblich ist dagegen, ob die ausgesprochene verhaltensbedingte Kündigung aus anderen Gründen (z. B. formale Gründe oder Bestehen von Sonderkündigungsschutz) unwirksam ist.
Für die Sperrzeit kommt es nur darauf an, ob das Beschäftigungsverhältnis aufgrund vertraglicher Pflichtverletzungen beendet wurde. Nicht relevant ist, ob die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wirksam ist. Insofern ist für die Frage, ob die Voraussetzungen einer Sperrzeit vorliegen, nicht die Begründetheit einer etwaigen Kündigungsschutzklage zu prüfen.
Rz. 12
Ein arbeitsvertragswidriges Verhalten ist dabei in jeder schuldhaften Verletzung der sich aus dem Arbeitsvertrag ergebenden Pflichten im Leistungsbereich, gegen die betriebliche Ordnung, im persönlichen Vertrauensbereich oder gegen arbeitsvertragliche Nebenpflichten zu sehen. Allerdings muss es sich um ein schwerwiegendes vertragswidriges Verhalten gehandelt haben, welches geeignet ist, die Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses zu dem Zeitpunkt zu rechtfertigen, zu dem die Arbeitslosigkeit tatsächlich eingetreten ist. Ein derartiges vertragswidriges Verhalten kann etwa im unentschuldigten Fernbleiben von der Arbeit gesehen werden. Dies gilt erst recht in der Probezeit. Auch die Kündigung wegen Störung des Betriebsfriedens durch die Bedrohung eines Arbeitskollegen oder Tätlichkeiten gegenüber Arbeitskollegen durchaus sperrzeitrelevant. Das gilt auch für den Verlust der Fahrerlaubnis bei einem LKW-Fahrer. Das von diesem zu vertretende Unvermögen, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, gilt als vertragswidriges Verhalten. Den Berufskraftfahrer trifft gegenüber seinem Arbeitgeber damit die Nebenpflicht, jegliche Verkehrsverstöße zu unterlassen, die zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen könnten. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob etwaige Verkehrsverstöße, die einzeln oder in der Summe zum Verlust der Fahrerlaubnis führen, sich bei einer privaten Fahrt oder einer beruflichen Fahrt ereignet haben. Baden-Württemberg, Urteil v. 19.4.2023, L 8 AL 1022/22). Wenn aber ein arbeitsvertragswidriges Verhalten auch dann anzunehmen ist, wenn ein Arbeitnehmer zumutbaren Handlungspflichten nicht nachkommt, die dazu dienen, seine Fähigkeit zur Erbringung der Arbeitsleistung zu erhalten, so kann das Ignorieren einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht sperrzeitrelevant werden, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer deshalb nicht beschäftigen kann und ihn daher freistellt, sodass der Arbeitnehmer dann beschäftigungslos wird.
Nach Auffassung der Bundesagentur für Arbeit liegt arbeitsvertragswidriges Verhalten bei einer Entlassung aufgrund des Verlustes persönlicher Eigenschaften und Fähigkeiten des Arbeitnehmers nur vor, wenn der Verlust während desselben Arbeitsverhältnisses schuldhaft verursacht wurde.
Rz. 13
Ebenso verhält es sich mit der Auflös...