Rz. 44

Nach § 159 Abs. 1 SGB III tritt eine Sperrzeit wegen versicherungswidrigen Verhaltens nicht ein, wenn der Arbeitslose für dieses Verhalten einen wichtigen Grund hat. Hierbei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der im Hinblick auf den jeweiligen Sperrzeit-Tatbestand auszulegen ist. Insofern wird regelmäßig eine Gesamtbeurteilung aller Umstände des konkreten Einzelfalls erforderlich sein.[1] Dabei ist es nicht erforderlich, dass der Arbeitslose diesen wichtigen Grund kennt oder sich auf diesen beruft. Vielmehr genügt es, dass der wichtige Grund objektiv vorliegt.[2] Andererseits reicht es nicht, dass der Arbeitslose irrigerweise solche Umstände als gegeben angenommen hat, die – wenn sie vorliegen würden – einen wichtigen Grund für sein Verhalten liefern würden. Erst recht genügt es nicht, wenn er die tatsächlich richtig erkannten Umstände fehlerhaft als wichtigen Grund bewertet.[3] In zeitlicher Hinsicht maßgeblich sind allein die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Sperrzeitereignisses. Einer späteren Entwicklung kommt keine Bedeutung zu. Dies folgt nicht nur aus dem Wortlaut der Norm, sondern auch aus deren Sinn und Zweck. Der Versicherte soll durch § 159 SGB III präventiv zu einem zumutbaren Verhalten veranlasst werden, das einen Versicherungsfall vermeidet, um die Gemeinschaft der Beitragszahler vor der Inanspruchnahme durch Leistungsberechtigte zu schützen, die den Eintritt des versicherten Risikos der Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt haben.[4] Für die Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe bedeutet das, dass im Zeitpunkt des Lösungsakts eine Zäsur vorliegt, da danach eine präventive Wirkung nicht mehr eintreten kann. Für das Vorliegen eines wichtigen Grundes kann es dann nicht mehr darauf ankommen, wie sich der Arbeitslose im weiteren zeitlichen Verlauf bis zum Eintritt der Arbeitslosigkeit verhält.[5] Hatte also ursprünglich der Arbeitslose die Absicht gehabt, eine vorzeitige Altersrente zu beantragen, und hat deshalb das Beschäftigungsverhältnis gelöst, ist eine Aufgabe dieses Vorhabens nur insoweit von Bedeutung, als mit ihm ein (eigenständiges) versicherungswidriges Verhalten i. S. v. § 159 Abs. 1 Satz 2 SGB III verbunden ist.[6]

 
Hinweis

Die Arbeitsverwaltungen erkennen nach ihrer Weisungslage einen wichtigen Grund nur an, wenn der Arbeitslose erfolglos einen zumutbaren Versuch unternommen hat, den ihm bekannten Grund zu beseitigen oder wenn feststeht, dass ein unterlassener zumutbarer Versuch zur Beseitigung des Grundes erfolglos geblieben wäre und das Sperrzeitereignis nicht in die Zukunft verschoben werden konnte.[7] Diese Auffassung findet sich auch in der Rechtsprechung.[8] Als unzumutbar wird etwa ein Versuch angesehen, wenn die individuellen Umstände, insbesondere das Verhalten des Arbeitgebers, die Annahme rechtfertigen, eine Vorsprache habe keinerlei Aussicht auf Erfolg.[9] Stets ist aber in diesem Zusammenhang zu prüfen, ob sich der Arbeitslose insbesondere hinreichend um eine Anschlussbeschäftigung bemüht hat.[10]

 

Rz. 45

Selbst bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kann ein Sperrzeit-Tatbestand erfüllt sein. Voraussetzung dafür, dass ein wichtiger Grund einem Sperrzeit-Tatbestand entgegensteht, ist schließlich, dass dieser Grund in zeitlicher Übereinstimmung mit dem Ereignis besteht, das als Sperrzeitsachverhalt zu werten ist. Insofern muss der wichtige Grund so beschaffen sein, dass er etwa die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gerade zu diesem Zeitpunkt deckt.[11] So kann etwa ein Arbeitnehmer einen wichtigen Grund für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses haben, wenn er an einer mehrmonatigen Weiterbildungsmaßnahme teilnehmen möchte. In diesem Fall ist aber der wichtige Grund nur anzuerkennen, wenn der Arbeitnehmer zumindest versucht, passgenau zum Beginn der Weiterbildungsmaßnahme das Beschäftigungsverhältnis zu beenden, anstatt vorzeitig durch Eigenkündigung zum Monatsende die Beschäftigungslosigkeit herbeizuführen.[12]

3.1 Bei Aufgabe oder Nichtantritt einer Beschäftigung

 

Rz. 46

Ein wichtiger Grund für di...

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