2.1 Größe des Unternehmens

2.1.1 Anzahl der Arbeitnehmer

 

Rz. 4

Die Vorschriften der §§ 99–101 BetrVG gelten im Gegensatz zu den §§ 102–104 BetrVG nur in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern. Bei der Ermittlung der regelmäßigen Arbeitnehmerzahl ist nicht die zufällige tatsächliche Beschäftigtenzahl zum Zeitpunkt der vorgesehenen personellen Einzelmaßnahme maßgeblich, sondern die normale Arbeitnehmerzahl des Unternehmens, das heißt diejenige Personalstärke, die für das Unternehmen im Allgemeinen kennzeichnend ist. Abzustellen ist auf das gesamte Unternehmen, unabhängig davon, ob ggf. nur in einem Betrieb von mehreren ein Betriebsrat gewählt ist.

 

Rz. 5

Leiharbeitnehmer stehen hierbei Stammarbeitnehmern gleich und sind bei der Berechnung des Schwellenwertes zu berücksichtigen.[1]

Bei der Ermittlung der "regelmäßig" beschäftigten Arbeitnehmer ist nicht erforderlich, dass es sich um ständig beschäftigte Arbeitnehmer handelt; auch nur vorübergehend eingestellte Arbeitnehmer werden in die Berechnung einbezogen, sofern sie zeitlich hintereinander auf einem Arbeitsplatz tätig werden.[2] Ein einzustellender Arbeitnehmer, durch dessen Einstellung die Mindestzahl von mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern erst erreicht würde, ist nicht mitzuzählen, wohl aber der zu entlassende.[3]

Teilzeitbeschäftigte werden voll, also "pro Kopf" mitgezählt, nicht entsprechend ihrer Arbeitszeit als "Bruchteil eines Arbeitnehmers", da allein auf die Arbeitnehmerzahl abgestellt wird.

[4]

[1] Fitting, § 99 Rz. 11.
[2] Fitting, § 99 Rz. 11.
[3] Fitting, § 99 Rz. 12.
[4] Richardi/Thüsing, BetrVG, § 99 Rz 12.

2.1.2 Gemeinsamer Betrieb

 

Rz. 6

Führen mehrere Unternehmen mit i. d. R. weniger als 20 Arbeitnehmern einen gemeinsamen Betrieb[1] mit i. d. R. mehr als 20 Arbeitnehmern, stehen einem Betriebsrat in dem gemeinsamen Betrieb die Beteiligungsrechte nach §§ 99 ff. BetrVG zu, nicht jedoch den Betriebsräten in den jeweiligen Betrieben der einzelnen Unternehmen.[2] § 99 BetrVG stellt ausschließlich auf das Unternehmen ab, eine dem § 7 Satz 2 BetrVG entsprechende Vorschrift fehlt. Dem Grundgedanken des § 7 Satz 2 BetrVG kann zwar entnommen werden, dass ein Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber nicht mehr zwingende Voraussetzung für die Unternehmenszugehörigkeit ist[3], dies führt aber nicht dazu, dass Betriebsräte in Betrieben, die nicht Teil eines gemeinsamen Betriebs sind, die Rechte aus §§ 99 ff. BetrVG zustehen.

 
Praxis-Beispiel

Unternehmen A hat einen Betrieb 1 (9 Arbeitnehmer) und einen Betrieb 2 (8 Arbeitnehmer), Unternehmen B einen Betrieb 3 (13 Arbeitnehmer) und einen Betrieb 4 (6 Arbeitnehmer). Betrieb 1 und Betrieb 3 bilden einen gemeinsamen Betrieb der Unternehmen A und B. Dem für diesen Betrieb gewählten Betriebsrat stehen die Beteiligungsrechte bei personellen Einzelmaßnahmen zu, nicht jedoch den für die Betriebe 2 und 4 gewählten Betriebsräten.

Nach Auffassung des BAG[4] ist in einem Betrieb, den mehrere Unternehmen mit jeweils weniger als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern gemeinsam führen und in dem insgesamt mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt sind, jedoch die Vorschrift des § 99 BetrVG auf Versetzungen in diesem Betrieb analog anwendbar.

[1] Zum Begriff vgl. § 1 Rzn. 15 ff.
[2] A. A. Fitting, § 99 Rz. 10.
[3] So Fitting, § 99 Rz. 10.

2.1.3 Maßgebender Zeitpunkt

 

Rz. 7

Die erforderliche Arbeitnehmerzahl muss zu dem Zeitpunkt gegeben sein, zu dem die personelle Maßnahme tatsächlich durchgeführt werden soll. Bei der Einstellung ist dies der Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags[1] oder, falls zeitlich früher, die tatsächliche Eingliederung in den Betrieb.[2]

[1] Fitting, § 99 Rz. 12.
[2] Vgl. Rz. 17; Richardi/Thüsing, § 99 Rz. 16, die generell auf die tatsächliche Eingliederung in den Betrieb abstellen.

2.2 Bestehen eines Betriebsrats

 

Rz. 8

Voraussetzung für die Wahrnehmung der Beteiligungsrechte des § 99 BetrVG ist das Vorhandensein eines Betriebsrats. In einem betriebsratslosen Betrieb bestehen keine Beteiligungsrechte. Der Arbeitgeber kann jede personelle Einzelmaßnahme alleine treffen, er ist in seinen Entscheidungen betriebsverfassungsrechtlich frei. Ein erstmals gewählter Betriebsrat kann erst nach der Konstituierung beteiligt werden, da er erst ab diesem Zeitpunkt handlungsfähig ist.[1]

 

Rz. 9

Die Zuständigkeit für personelle Einzelmaßnahmen liegt in der Regel (zu Sonderfällen vgl. Rz. 12) beim jeweiligen für den Betrieb zuständigen Betriebsrat, nicht beim Gesamtbetriebsrat.[2]

[1] Fitting, § 99 Rz. 15.
[2] Fitting, § 99, Rz. 17; Richardi, § 99 Rz. 21.

2.3 Betroffene Personen

 

Rz. 10

Dem Beteiligungsrecht des Betriebsrats unterliegen nicht nur Personen, die in einem Arbeitsverhältnis zum Unternehmer stehen. Nach der früheren Rechtsprechung des BAG war auch die Beschäftigung von freien Mitarbeitern bzw. von selbstständigen Unternehmern[1] eine Einstellung nach § 99 BetrVG. Darauf, ob tatsächlich im Einzelfall Weisungen gegeben werden, komme es nicht an[2]. Es ist aber widersprüchlich, einerseits freie Mitarbeit, andererseits Eingliederung anzunehmen. Zwischenzeitlich hat das BAG klargestellt, ...

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