Rz. 98
Der Betriebsrat kann sich nur dann sachgerecht zu einer geplanten personellen Einzelmaßnahme gem. § 99 BetrVG äußern und gegebenenfalls von seinem Recht, die Zustimmung zu verweigern, Gebrauch machen, wenn er vom Arbeitgeber umfassend und rechtzeitig unterrichtet worden ist, § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat grundsätzlich den ihm zur Verfügung stehenden Informationsstand weiterzugeben. Erforderlich und ausreichend ist eine Unterrichtung, die es dem Betriebsrat ermöglicht, aufgrund der mitgeteilten Tatsachen zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe gegeben ist (BAG, Beschluss v. 21.2.2017, 1 ABR 62/12; BAG, Beschluss v. 14.4.2015, 1 ABR 58/13; BAG, Beschluss v. 30.9.2014, 1 ABR 32/13). Dem Betriebsrat obliegt im Rahmen seiner Mitbestimmung bei der Einstellung nicht die Vertragsinhaltskontrolle, so etwa die Frage, ob individuelle Absprachen zwischen dem Arbeitgeber und dem einzustellenden Arbeitnehmer tarifwidrig sind. Der Unterrichtungsanspruch des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BetrVG erstreckt sich daher nicht auf individuelle Arbeitszeitverlängerungen (BAG, Beschluss v. 27.10.2010, 7 ABR 36/09).
4.1 Form der Unterrichtung
Rz. 99
Für den Antrag des Arbeitgebers auf Zustimmung zu einer der in § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG bezeichneten personellen Maßnahme sieht das Gesetz keine besondere Form vor, die Unterrichtung kann also mündlich oder schriftlich erfolgen, zu Nachweis- und Beweiszwecken ist die Schriftform vorzuziehen. Fehlt es an einem ausdrücklichen Zustimmungsersuchen, ist es ausreichend, wenn der Betriebsrat der Mitteilung des Arbeitgebers entnehmen kann, dass er um die Zustimmung zu einer personellen Maßnahme i. S. d. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG angegangen wird (BAG, Beschluss v. 10.11.2009, 1 ABR 64/08). Maßgeblich sind insoweit die für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätze (§§ 133, 157 BGB). Haben Arbeitgeber und Betriebsrat längere Vorgespräche geführt, muss der Arbeitgeber diesen eindeutig darauf hinweisen, wann (an welchem konkreten Tag) das formelle Beteiligungsverfahren beginnen soll.
Rz. 100
Die Unterrichtung muss sich eindeutig auf die konkret vorgesehene Einzelmaßnahme beziehen. Handelt es sich bei einem einzigen Arbeitnehmer gleichzeitig um mehrere personelle Einzelmaßnahmen, z. B. Änderungskündigung, Versetzung und Umgruppierung, muss aus der Unterrichtung deutlich werden, dass die Zustimmung zu jeder einzelnen Maßnahme eingeholt wird. Auch in diesem Fall ist die Willenserklärung des Arbeitgebers gem. §§ 133, 157 BGB auszulegen (BAG, Beschluss v. 10.11.2009, 1 ABR 64/08).
4.2 Zeitpunkt der Unterrichtung
Rz. 101
Zeitlich muss die Unterrichtung rechtzeitig vor der Maßnahme erfolgen.
Aufgrund der Wochenfrist nach Abs. 3 muss der Arbeitgeber die Unterrichtung daher mindestens eine Woche vor der Maßnahme durchführen, ansonsten beginnt die Frist nach Abs. 3 nicht zu laufen und die Maßnahme hat zu unterbleiben.
Rz. 102
In Eilfällen, also bei aufgrund unvorhergesehenen Ausfalls von Arbeitskräften oder der Notwendigkeit der Erledigung plötzlich anfallender Arbeiten kurzfristig notwendig werdender Einstellung oder Versetzung von Arbeitnehmern, wird die Wochenfrist nicht abgekürzt, sie kann aber oft zu lang sein. Hierzu wird die Auffassung vertreten, dass der Betriebsrat gehalten sein kann, seine Stellungnahme schon vor Ablauf der Wochenfrist abzugeben. Dies ist für den Arbeitgeber unpraktikabel, da er keinen Einfluss auf die Entscheidung des Betriebsrats hat.
Bei Eilfällen sollte der Arbeitgeber immer nach § 100 BetrVG verfahren, d. h. den Arbeitnehmer vorläufig einstellen oder versetzen.
4.3 Auskunft über die Person "der Beteiligten"
Rz. 103
Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat vor jeder Einstellung zu unterrichten. Die Unterrichtungspflicht besteht aber erst dann, wenn feststeht, wer eingestellt werden soll, wenn also der Arbeitgeber selbst seine Auswahl getroffen hat. Der Betriebsrat hat insoweit kein Beteiligungsrecht (BAG, Beschluss v. 18.11.1980, 1 ABR 63/78).
Rz. 104
Dem Betriebsrat ist Auskunft über die Person "der Beteiligten" zu geben (§ 99 Abs. 1 Satz 3 1 Halbsatz BetrVG). Beteiligter ist grundsätzlich jeder Bewerber um den zu besetzenden Arbeitsplatz (h. M.: BAG, Beschluss v. 11.10.1992, 1 ABR 21/92). Der Arbeitgeber hat die Unterlagen bezüglich aller Stellenbewerber – auch der nicht berücksichtigten oder abgelehnten – vorzulegen. Nur so kann der Betriebsrat seiner gesetzlichen Prüfungspflicht genügen. Damit sind alle Stellenbewerber i. S. d. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG auch "Beteiligte", über deren Person Auskunft zu geben ist. Diese für das Mitbestimmungsrecht relevante "Beteiligtenstellung" kommt all denjenigen zu, die ihr Interesse an einem konkreten zur Besetzung ausgeschriebenen Arbeitsplatz bekunden. Auch derje...