2.1 Zeitpunkt
Rz. 4
Die vorläufige Durchführung von Einstellungen und Versetzungen ist in zeitlicher Hinsicht nur möglich, wenn
- die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG noch nicht abgelaufen ist oder
- der Betriebsrat die Zustimmung bereits ausdrücklich verweigert hat oder
- der Betriebsrat überhaupt noch nicht unterrichtet worden ist.
Rz. 5
Eine vorläufige Maßnahme kann nicht mehr durchgeführt werden, wenn der Antrag des Arbeitgebers auf Ersetzung der Zustimmung gem. § 99 BetrVG von den Arbeitsgerichten bereits rechtskräftig abgelehnt worden ist. Steht nämlich fest, dass eine (endgültige) Maßnahme nicht durchgeführt werden darf, ist auch für eine vorläufige Maßnahme kein Raum mehr.
Ist seit der Unterrichtung des Betriebsrats die Wochenfrist ohne Äußerung des Betriebsrats verstrichen, kann eine Einstellung oder Versetzung bereits endgültig vorgenommen werden, da die Zustimmung des Betriebsrats als erteilt gilt (§ 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG).
2.2 Voraussetzungen
Rz. 6
Eine vorläufige Einstellung oder Versetzung kann nur vorgenommen werden, wenn dies aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist (§ 100 Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Diese Voraussetzung ist dann gegeben, wenn es mit einem ordnungsgemäßen betrieblichen Ablauf nicht vereinbar ist, dass ein Arbeitsplatz für längere nicht vorhersehbare Zeit unbesetzt bleibt, wenn also ein verantwortungsbewusster Arbeitgeber im Interesse des Unternehmens alsbald handeln müsste und die geplante Maßnahme keinen Aufschub verträgt. Ein allgemeines Interesse, dass der Arbeitnehmer die Arbeit zum vereinbarten Zeitpunkt aufnimmt, genügt nicht.
Beispiele für dringende sachliche Gründe:
- Einstellung eines im Betrieb nicht vorhandenen EDV-Spezialisten
- Ersetzung eines fristlos gekündigten Arbeitnehmers
- (befristete) Einstellung von Aushilfskräften, da der Betriebsrat die Genehmigung von (objektiv) notwendigen Überstunden verweigert
- sofortige Versetzung in die Lohnbuchhaltung, um die monatliche Lohnabrechnung sicherzustellen (BAG, Beschluss v. 7.11.1977, 1 ABR 55/77)
Rz. 7
Unerheblich ist grundsätzlich, ob den Arbeitgeber ein Organisationsverschulden an der betrieblichen Notwendigkeit der Einstellung oder Versetzung trifft, d. h. ob die Notwendigkeit der vorläufigen Durchführung bei "besserer" Organisation und Planung des Arbeitgebers zu vermeiden gewesen wäre. Dem Arbeitgeber steht es frei, wie er seinen Betrieb organisiert und wie er seine Personalplanung durchführt. Es ist weder Aufgabe des Betriebsrats noch des Arbeitsgerichts zu überprüfen, ob sich der Arbeitgeber durch ungenügende Personalplanung selbst in Zugzwang setzt. Zudem ist es objektiv kaum feststellbar, wann im Einzelfall eine "genügende" oder "sorgfältige" Personalplanung vorliegt. Ein sachlicher Grund liegt nur dann nicht vor, wenn der Arbeitgeber bewusst eine Lage herbeiführt, die eine vorläufige Einstellung oder Versetzung notwendig macht. Ein solcher Fall kann vorliegen, wenn der Arbeitgeber trotz längerer Kenntnis der Notwendigkeit einer Versetzung den Betriebsrat nicht mindestens eine Woche vor Durchführung der geplanten Maßnahme informiert.
Rz. 8
Maßgebend sind allein die betrieblichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Durchführung der Maßnahme; entfallen die Voraussetzungen später, braucht die Einstellung oder Versetzung nicht aufgehoben werden. Bei der Prüfung, ob betriebliche Gründe vorliegen, scheiden persönliche Umstände, insbesondere Fragen der sozialen Auswahl aus; sie sind lediglich im Zustimmungsersetzungsverfahren gem. § 99 Abs. 4 BetrVG zu berücksichtigen.
Rz. 8a
Die Beendigung einer vorläufigen personellen Maßnahme unterliegt nicht der Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Personelle Einzelmaßnahmen i. S. d. genannten Vorschrift können zwar nur nach Zustimmung des Betriebsrats oder deren rechtskräftiger Ersetzung vorgenommen werden. Zu diesen gehört die vorläufige personelle Maßnahme aber nicht. Das Beteiligungsrecht des Betriebsrats bei der Durchführung einer vorläufigen personellen Maßnahme richtet sich vielmehr ausschließlich nach § 100 Abs. 2 BetrVG.
2.3 Aufklärung des betroffenen Arbeitnehmers
Rz. 9
Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer gem. § 100 Abs. 1 Satz 2 BetrVG über die Sach- und Rechtslage aufklären. Er muss den Arbeitnehmer bzw. bei einer Einstellung den Bewerber also mündlich oder schriftlich über die Vorläufigkeit der Einstellung bzw. Versetzung unterrichten und darauf hinweisen, dass die Maßnahme durch gerichtliche Entscheidung wieder rückgän...