3.2.2.1 Allgemeines
Rz. 62
In dem Sozialplan wird bestimmt, welche Nachteile der Arbeitnehmer durch die Betriebsänderung in welcher Form und mit welchem Umfang ausgeglichen werden. Daher sind Leistungen eines Sozialplans nicht als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes anzusehen, sondern lediglich als Ausgleichs- und Überbrückungsleistungen (BAG, Urteil v. 9.11.1994, 10 AZR 281/94). Entsprechend darf im Sozialplan nur der Ausgleich oder die Minderung solcher Nachteile geregelt werden, die durch die Betriebsänderung entstehen.
Rz. 63
Die Betriebsänderung selbst einschließlich der Materien des Interessenausgleichs kann nicht Gegenstand des Sozialplans sein. Demzufolge können z. B. Kündigungsverbote, Versetzungsverbote oder die Gründung einer Beschäftigungs-(Transfer-)Gesellschaft (§ 111 SGB III; "betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit") nicht Gegenstand des Sozialplans sein. Wohl aber kann die Einräumung eines Rechtsanspruchs auf Übertritt in eine Transfergesellschaft und die Regelung der Konditionen Gegenstand eines Sozialplans sein und ist es in der Praxis auch regelmäßig.
Rz. 64
Im Rahmen der allgemeinen Regeln, insbesondere des Gleichbehandlungsgrundsatzes und des § 75 BetrVG, haben die Betriebsparteien einen weiten Gestaltungsspielraum (BAG, Urteil v. 9.11.1994, 10 AZR 281/94). Es obliegt grundsätzlich ihrer freien Entscheidung, welche Nachteile, die infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen, durch eine Abfindung ausgeglichen werden sollen. Der Sozialplan muss nicht alle Nachteile ausgleichen. Insbesondere brauchen die Betriebsparteien bei einem einvernehmlich vereinbarten Sozialplan nicht die Leitlinien des § 112 Abs. 5 BetrVG einzuhalten. Diese Leitlinien können dem Arbeitgeber in den Verhandlungen jedoch bereits einen Hinweis darauf geben, welche Regelungsgegenstände er im Hinblick auf eine etwaige Einigungsstelle wegen deren begrenzter Regelungsmacht ablehnen kann und welche er möglicherweise in einen Kompromiss einbeziehen sollte.
3.2.2.2 Sozialplanregelungen
Rz. 65
Sozialpläne können beispielsweise Regelungen enthalten über
- Angebote anderer Arbeitsplätze und deren Zumutbarkeit
- Ausgleiche für Nachteile infolge von Versetzungen (insbesondere Pendlerzuschuss, Umzugskostenzuschuss, Entgeltausgleich),
- Ansprüche auf Qualifizierungsmaßnahmen unter Einbeziehung der Arbeitsverwaltung (vgl. § 110 ff. SGB III),
- Dauerregelungen zum Ausgleich von wirtschaftlichen Nachteilen (vgl. BAG, Urteil v. 28.3.2007, 10 AZR 719/05: Erhalt und Sicherung von Sonderleistungen),
- Abfindungen
- Anrechnungsklauseln (Anrechnung der Sozialplanleistungen z. B. auf Leistungen aus Transfersozialplan, auf Abfindungen aus Kündigungsschutzverfahren, auf Nachteilsausgleich),
- Fälligkeitsklauseln (Klausel, dass eine Sozialplanleistung – insbesondere eine Abfindung – erst fällig wird, wenn die Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtswirksam ist),
- Regelungen zur Ausgestaltung von im Interessenausgleich vereinbarten oder vom Arbeitgeber freiwillig zugestandenen Beschäftigungs-(Transfer-)Gesellschaften (vgl. § 110 ff. SGB III), insbesondere Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld, Qualifizierungsmaßnahmen und -kosten, Abfindungen bei Ausscheiden aus der Transfergesellschaft; in einer solchen Regelung darf die Abfindung niedriger angesetzt sein als die für Mitarbeiter, die ohne Übertritt in eine Transfergesellschaft ausscheiden (BAG, Urteil v. 18.7.2006, 1 AZR 521/05),
- Regelungen zur bevorzugten Wiedereinstellung,
- Altersteilzeitregelungen,
- Härtefonds,
- Verfallklauseln.
3.2.2.3 Bezugnahmeklauseln
Rz. 66
Sollen andere Regelungen Teil des Sozialplans werden, müssen sie nicht Wort für Wort in den Sozialplan abgeschrieben werden. Auch in Ansehung der Schriftform genügt, wenn im Sozialplan auf die andere Regelung (z. B. Betriebsordnung) Bezug genommen wird. Solche Bezugnahme muss nach Ansicht des BAG allerdings statisch sein und darf nicht dynamisch auf die andere Regelung in ihrer jeweils geltenden Form verweisen. Eine Verweisung auf die "jeweils gültige Fassung" eines einseitig gesetzten Regelwerkes stellt eine unzulässige dynamische Blankettverweisung dar. Sie ist nach Ansicht des BAG so zu lesen, als wäre der Inhalt des Regelungswerks, auf das im Sozialplan Bezug genommen wird, statisch vereinbart worden (BAG, Urteil v. 28.3.2007, 10 AZR 719/05).
3.2.2.4 Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 BetrVG
Rz. 67
Der Gleichbehandlungssatz des § 75 Abs. 1 S. 1 BetrVG und der Gleichbehandlungsgrundsatz prägt die Rechtsprechung zu der Frage, inwieweit in Sozialplänen Differenzierungen zwischen den Ansprüchen der Arbeitnehmer zulässig sind (siehe schon oben Rz. 52 zur Frage des Ausschlusses von Arbeitnehmern aus dem Geltungsbereich des Sozialplans). Im Einzelnen gilt u. a.:
Rz. 68
- Gegenüber Arbeitnehmern, die aufgrund einer vom Arbeitgeber veranlassten Eigenkündigung aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind, darf die Abfindung an...