Rz. 4
Das Verbot, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zu offenbaren oder zu verwerten, die vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet sind, gab es bereits in § 79 BetrVG 1952. Nach wie vor enthält § 79 BetrVG eine Geheimhaltungspflicht der Mitglieder und Ersatzmitglieder des BR, die auch nach dem Ausscheiden aus dem BR weiter gilt. An diese Regelung knüpft die Strafvorschrift des § 120 Abs. 2 BetrVG an. Strafbar ist danach die unbefugte Offenbarung, d. h. die ohne Zustimmung des Geheimnisträgers erfolgte Mitteilung an Personen, die nicht einem Betriebsverfassungsorgan angehören.
2.1 Voraussetzungen
Rz. 5
Voraussetzung der Strafbarkeit ist, dass ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vorliegt. Dies ist der Fall, wenn es um Tatsachen, Erkenntnisse oder Unterlagen geht, die
- im Zusammenhang mit dem technischen Betrieb oder der wirtschaftlichen Betätigung des Unternehmens stehen,
- nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt, mithin nicht offenkundig sind,
- nach dem bekundeten Willen des Arbeitgebers geheimgehalten werden sollen und
- deren Geheimhaltung für das Unternehmen wichtig ist.
Voraussetzung ist weiter, dass der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung haben muss. Er kann nicht einseitig Tatsachen, an denen kein objektives Geheimhaltungsinteresse besteht, durch entsprechende Erklärung zu einem Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis machen. So kann bspw. ein dem Betriebsrat mitgeteilter geplanter Personalabbau, der interessenausgleichspflichtig ist, nicht pauschal vom Arbeitgeber zu einem Betriebs- und Geschäftsgeheimnis erklärt werden (so LAG Schleswig-Holstein, 20.05.2015, 3 TaBV 35/14).
Rz. 6
Der Arbeitgeber muss darüber hinaus durch ausdrückliche Erklärung darauf hingewiesen haben, dass eine bestimmte Angelegenheit als Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis zu betrachten und darüber Stillschweigen zu wahren ist (vgl. § 79 Abs. 1 Satz1 BetrVG). Erst mit dieser ausdrücklichen Erklärung wird die Schweigepflicht begründet. Die Erklärung bedarf keiner bestimmten Form, muss aber klar und eindeutig die geheimzuhaltende Angelegenheit bezeichnen und gegenüber den in § 79 BetrVG genannten Stellen und Personen erfolgen.
Rz. 7
Die unter die Geheimhaltungspflicht des § 79 BetrVG fallenden Tatsachen, Erkenntnisse und Unterlagen müssen einem Mitglied des BR oder einer anderen in § 79 Abs. 2 bezeichneten Stelle sowie einem Mitglied des in § 120 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 – 4 benannten Personenkreises in ihrer amtlichen Eigenschaft mitgeteilt worden sein
Rz. 8
Die im Katalog des § 120 Abs. 1 Nr. 1 – 4 benannten Personen müssen das Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis unbefugt offenbart haben. Dies ist der Fall, wenn sie ohne Zustimmung des Geheimnisträgers die ihnen bekannten Tatsachen, Erkenntnisse und Unterlagen i. S. d. § 79 BetrVG an Personen, die nicht einem der in § 79 BetrVG genannten Betriebsverfassungsorgane angehören, mitteilen. An dem Merkmal "unbefugt" fehlt es, wenn der Arbeitgeber seine ausdrückliche Erklärung über die Geheimhaltungsbedürftigkeit zurücknimmt. Sie ist, wie ausgeführt, Voraussetzung für die Strafbarkeit. Fehlt sie oder wird sie zurückgenommen, scheidet eine Strafbarkeit nach § 120 BetrVG aus.
Rz. 9
Nicht nur die Offenbarung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen ist nach § 120 BetrVG mit Strafe bedroht, sondern auch die Verwertung eines solchen Geheimnisses. Dies ergibt sich aus der Regelung des § 120 Abs. 3 Satz 2 BetrVG. Danach reicht es aus, wenn das Geheimnis auch für eigene wirtschaftliche Zwecke ausgenutzt wird, eine Mitteilung gegenüber Dritten ist nicht erforderlich.
Rz. 10
Als Täter kommt nur der in Abs. 1 Nr. 1 – 4 genannte Personenkreis in Betracht (s. dazu im Einzelnen oben Rz. 2). Soweit Nr. 4 von "Arbeitnehmern, die der Wirtschaftsausschuss gemäß § 108 Abs. 2 Satz 2 BetrVG hinzugezogen hat", spricht, liegt offenbar ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers vor. Nicht der Wirtschaftsausschuss, sondern der Unternehmer zieht gemäß § 108 Abs. 2 S. 2 BetrVG Arbeitnehmer hinzu. Nicht zu dem erfassten Personenkreis zählen die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat. Für sie gilt die Sonderregelung des § 404 AktG.
Rz. 11
Die Tat muss vorsätzlich begangen worden sein, Fahrlässigkeit genügt nicht. Sie ist in § 120 nicht ausdrücklich unter Strafe gestellt, wie dies gemäß § 15 StGB erforderlich wäre, wenn auch eine fahrlässige Erfüllung des Tatbestands ausreichend für eine strafrechtliche Sanktionierung sein soll.
2.2 Folge
Rz. 12
Verstöße werden mit Freiheitsstrafe von einem Monat (§ 38 Abs. 2 StGB) bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe geahndet. Gemäß § 120 Abs. 3 S. 1 tritt Strafverschärfung ein, wenn der Täter gegen Entgelt handelt oder in der Absicht, sich selbst oder einem anderen durch die Gesetzesverletzung einen wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen oder einem anderen, insbesondere dem Unternehmen, zu sc...